Foto: Andreas Tischler

Ich komme vom Land, aus Oberösterreich, und habe in Wien Rechtswissenschaften studiert. Ursprünglich wollte ich ja Kunst studieren, habe aber die Aufnahmeprüfung nicht geschafft. Da habe ich dann eben auf Jus umgesattelt. Dabei habe ich gemerkt: Berufung ist Jus keine, aber eine gute Basis für das Berufsleben. Und deswegen habe ich dieses Studium dann auch durchgezogen.

Denn die Geschäftsführung ist schon eine Herausforderung. Als ich vor acht Jahren diese Aufgabe übernommen habe, war die Auslastung zwar gut, jedoch waren die Erhaltungskosten so eklatant hoch, dass sich das Unternehmen kaum mehr selbst tragen konnte. Ich habe alles umgekrempelt, Generalsanierungen gemacht, einen Neubau und verschiedene neue Objekte gebaut – auch mit privaten Geldgebern.

Das war teilweise ein mühsamer Prozess. Ich habe dabei aber gemerkt, dass es mir liegt, wenn man Aufgaben hat, die man dynamisch weiterentwickeln kann. Es entsteht dann nämlich eine gewisse Lebendigkeit bzw. ein Flow. Das ist mir sehr wichtig: der Flow eines Projektes, dass man etwas in eine bestimmte Richtung beeinflussen kann.

Zwei Lebensgeschichten

Man unterscheidet oft Berufs- und Lebenslauf. Das ist bei mir auch so. Ich habe zwei Lebensgeschichten. Das eine ist die Kunst – ich male und mache Installationen, mein Künstlername ist Lola Lindenbaum.

Und das andere ist die Arbeit. Beides ist Selbstverwirklichung und beides hat irgendwie mit dem Thema Wachstum zu tun. Wobei: Die Kunst mache ich aus reiner Freude am Tun, ohne Zweckwidmung. Sozusagen als Antithese zu meinem Berufsleben. Das hat eine sehr kontemplative Seite, und ich kann mich dadurch ausprobieren.

Im Berufsleben ist das recht ähnlich. Man muss in ein Problem eine Struktur bringen. Ich fordere da von meinem Team Dynamik und Belastbarkeit. Weil es immer wieder mal zu extremen Situationen kommt. Einmal ist es zum Beispiel vorgekommen, dass eine Sanierung schon beschlossen war, samt Umsiedelung der betroffenen Studenten – und dann ist die Finanzierung umgefallen. In solchen Fällen muss man dann einfach Nerven bewahren.

Wie beim Marathon

Ich denke, dass ich das von meinen Eltern gelernt habe. Mein Vater ist Lehrer und meine Mutter stammt aus einer Kaufmannsfamilie. Da war immer das Tun Sinn gebend. Ich musste die Dinge zu Ende bringen, was beim Jusstudium gar nicht so leicht war. Aber so haben das meine Eltern immer verlangt: dass man auch das umständlichste Ding fertigmacht. Ein bisschen ist es wie bei einem Marathon. Man muss sich überwinden, und man weiß, bei Kilometer zehn wird es besser.

Die Arbeit hier hat sich natürlich im Laufe der Zeit verändert. Nach der langen Evaluierungsphase und dann der Bautätigkeit ist es jetzt eigentlich reines Management. Base hat insgesamt 1600 Wohnungen in ganz Wien auf vier Standorten verteilt. Wir betreiben die Verwaltung mit einem sehr kleinen Team, nur zwölf Leute – die fachlich alle sehr versiert sind.

Ich denke, man braucht eine gewisse Ausgelastetheit beim Arbeiten, deshalb bin ich ein Verfechter von schlanken Strukturen. Ein gewisser Druck beim Arbeiten ist gut und wichtig. Denn wenn man nicht ausgelastet ist, wirkt das auf Arbeitsqualität zurück. Und meine Mitarbeiter sind alle sehr motiviert. Es hat jeder seinen Handlungsspielraum. Und die Wien Holding, unsere Eigentümerin, lässt einem viel Spielraum. Für mich ist das wichtig, ich brauche Entscheidungsfreiräume, eine gewisse Autonomie, um Prozesse so in Gang zu halten, wie ich es für richtig halte.

Das Umfeld muss stimmen

Derzeit ist es wichtig, die Auslastung zu halten. Man muss das Ding auch verkaufen. Wir haben deshalb Kooperationen mit Universitäten oder auch mit Erasmus. Solche Kooperationen muss man pflegen, das ist wie ein Netzwerk. So eines gibt es beispielsweise mit der Universität für Angewandte Kunst. Wir haben ein Haus im 11. Bezirk, beim Gasometer. Dort wohnen viele Kunststudenten. Und die können die allgemeinen Räume als Atelier bespielen – mit Ausstellungen oder experimentellen Geschichten.

Ich bin halt keine Exel-Hexe. Man muss offen sein für Dinge, die sich ergeben, dann floriert es auch. Und wenn das Umfeld stimmt, sind im Grunde genommen die Probleme recht klein. Studenten sind heutzutage sehr auf ihr Studium und den Lernerfolg fokussiert. Die feiern nicht groß. Ich finde das fast ein bisserl schade. Ich erinnere mich noch an die Zeit, als ich Studentin war. Damals war ich mal hier in diesem Heim, weil es ein Fest gegeben hat. So etwas gibt es kaum mehr. (Protokoll: Johanna Ruzicka, 16.7.2017)