Die Amsel hat es erkannt: Wer schön singt, bekommt mehr von den Menschen.

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Lesen bildet bekanntlich. Diese Woche zum Beispiel haben wir aus der Zeitung gelernt: Möglicherweise singen Singvögel nicht nur, weil sie zwecks Fortpflanzungsanbahnung und sexueller Anreize wegen sozusagen einen S-Klasse-Wagen im Carport vorweisen wollen. Von wegen: "Heaven's in the back seat of my cadillac, let me take you there, yeah yeah!"

Über die Amsel etwa wird in ornithologischen Kreisen auch geraunt, dass ihr nicht nur Sex wichtig sei. Irgendwann habe sie im Rahmen der Art- und Selbsterhaltung draußen in der einsamen Flora erkannt, dass es durchaus angenehm sein kann, wenn man im Dunstkreis der meist ohne Not ziemlich viel Müll und Lärm absondernden Menschen lebt. Man kommt so regelmäßiger zu Futter.

Wir kennen das von uns selbst, wenn wir ein schönes Lied hören: Menschen sind natürlich viel netter zu Amseln, wenn diese hübsch singen, anstatt zu krächzen, zu keckern oder hysterisch-blöd zu twittern. Schöntun ist außerhalb der Raubtierszene und des Virenmilieus eine Überlebensstrategie, die auf Kalkül und Mitsingbarem von Abba oder den Beatles beruht.

Wegen Nahrungsbeschaffung gastierte diese Woche auch der ziemlich abgerockte Axl Rose mit Guns N'Roses im Wiener Happel-Stadion. Der Gesang war gar nicht schön, obwohl auch er seinen Zweck erfüllte. Wie viel macht 122 Euro Eintritt mal 55.000 Besucher? Borgen wir uns einen Satz über das Konzert von U2 in Berlin aus der "Süddeutschen Zeitung" vom Freitag aus: "Ob Bono bewusst ist, wie viele Menschen netter zu ihm wären, wenn er nicht singen würde?" (Christian Schachinger, 16.7.2017)