Am 15. Oktober wird wieder gewählt. Diese Motive sind den Wählern die relevantesten:

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Wien – Treue zählt nicht. Oder: fast nicht. Nur für acht Prozent der österreichischen Wahlberechtigten ist "ein sehr wichtiges Wahlmotiv", dass sie immer dieselbe Partei wählen. Immerhin 35 Prozent geben auf der fünfstufigen Wahlmotivskala der Parteitreue aber einen Fünfer.

Diese 35 Prozent sind in den einzelnen Altersgruppen der Befragten und auch nach dem Bildungsstand ziemlich gleichmäßig verteilt; jene, die Parteitreue sehr wichtig nehmen, sind dagegen tendenziell älter und weniger gebildet. Allerdings ist die Parteitreue in den Anhängerschaften der Parteien unterschiedlich verteilt: SPÖ- und FPÖ-Anhänger betonen die Treue zu ihrer Stammpartei stärker, als dies Sympathisanten anderer Parteien tun.

In derselben Umfrage wurde auch gefragt, ob sich die jeweiligen Wahlberechtigten selber als Stamm- oder Wechselwähler einstufen – 51 Prozent sehen sich als Stammwähler, der Rest bekennt sich als Wechselwähler (42 Prozent) oder war noch nicht so oft wählen.

Stammwähler

"Erwartungsgemäß sind es vor allem die Wählerinnen und Wähler der Sozialdemokraten, die sich als parteitreu bekennen – ebenso die Grünen, die zumindest bisher keine brauchbare Alternative finden", sagt Market-Studienleiter David Pfarrhofer: "Dass Grüne und Freiheitliche derzeit in so hohem Maße Stammwähler in ihren Anhängerschaften haben, mag aber auch damit zusammenhängen, dass diese beiden Parteien derzeit nicht so viele Bekenner aufweisen. Das heißt, dass sich vor allem Stammwähler dazu bekennen, wieder Grün beziehungsweise Blau zu wählen."

Mit dem möglichen Antreten einer Liste von Peter Pilz könnte sich das für die Grünen allerdings noch ändern. Pilz gibt zwar an, vor allem Protest- und bisherige Nichtwähler ansprechen zu wollen, könnte aber einer erheblichen Zahl an bisherigen Grün-Wählern zumindest vorübergehend eine neue politische Heimat bieten.

Leistung und Kandidaten

Jeder zweite Stammwähler gibt an, dass das Parteiprogramm seiner bevorzugten Partei für ihn oder sie ein sehr wichtiges Wahlmotiv wäre. Darin unterscheiden sich Stammwähler kaum von Wechselwählern. Überhaupt ist die Programmatik mit einer durchschnittlichen Note von 1,71 das am stärksten genannte Wahlmotiv – noch vor den bisherigen Leistungen der jeweiligen Partei (Note 1,94) und von deren Spitzenkandidaten (Note 2,14).

Pfarrhofer schränkt allerdings ein: "Da darf man nicht erwarten, dass Millionen Wähler Parteiprogramme durchlesen, um sich eine Meinung zu bilden. Vielmehr werden die Kandidaten als Verkörperung der Programme gesehen – also in der Art: Strache steht für Kontrolle der Regierung oder Kern steht für Umverteilung."

Frauenanteil

Ganz weit hinten auf der Skala steht der Frauenanteil auf der Kandidatenliste: Vor allem für Männer, die eine Durchschnittsnote von 3,66 vergeben, ist der Frauenanteil irrelevant, Frauen geben aber im Schnitt auch nur die Note 3,22. Nur 15 Prozent der befragten Frauen geben die Note 1. Nur die Deklarierten messen dem Frauenanteil eine signifikant höhere Wertigkeit zu. Pfarrhofer hat eine weitere Beobachtung: "Tendenziell schenken erklärte Stammwähler dem Frauenanteil eine höhere Aufmerksamkeit – umgekehrt könnte man sagen: Für Wechselwähler ist der Frauenanteil auf der Kandidatenliste ein ganz untergeordnetes Entscheidungskriterium."

Allerdings ist für die erklärten Wechselwähler auch die Frage der Koalitionsaussagen weniger wichtig als für die Stammwähler. "Stammwähler sind eben besonders geneigt, ihre Sicht auf Politik zu verteidigen – und messen der Politik der von ihnen gewählten Partei eben besonderes Gewicht zu", sagt Pfarrhofer.

Experten und Eliten

Was dem Wahlforscher ebenfalls auffällt: Expertenwissen (Note 2,74) ist bei vielen Wählern wenig gefragt (bei Wechselwählern allerdings etwas mehr als bei Stammwählern) – noch weniger halten die Wahlberechtigten davon, dass die Parteien tatsächlich die Eliten des Landes mit dessen Verwaltung desselben betrauen wollen (Note 3,8). Die gegenteilige Aussage, dass die Partei ein Gegengewicht zur Elite des Landes darstellt, bekommt die Note 2,95. Besonders junge und wenig gebildete Wahlberechtigte sind elitenkritisch – das bildet sich in den Wählerschaften der Freiheitlichen und (in deutlich geringerem Maß) der Grünen ab. (Conrad Seidl, 17.7.2017)