2016 war Schwerhörigkeit mit 630 Fällen die am häufigsten anerkannte Berufserkrankung, gefolgt von Hauterkrankungen durch Kontakt mit krankmachenden Arbeitsstoffen und durch Asbest ausgelösten Krebserkrankungen.

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Durch Lärm verursachte Schwerhörigkeit, eine Druckschädigung der Nerven oder chronische Erkrankungen der Schleimbeutel oder der Sehnenscheiden durch ständigen Druck oder Erschütterung – das sind nur drei Beispiele der österreichischen Liste der Berufskrankheiten. Insgesamt zählt die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt 53 Krankheiten, die durch den Beruf hervorgerufen werden können.

2016 gab es 1.181 registrierte Fälle solcher Erkrankungen – 14 Prozent mehr als im Jahr davor (1.093). Schwerhörigkeit ist dabei mit 630 Fällen die am häufigsten anerkannte Berufserkrankung, gefolgt von Hauterkrankungen durch Kontakt mit krankmachenden Arbeitsstoffen (160 Fälle) und durch Asbest ausgelösten Krebserkrankungen.

Arbeiterkammer mit zahlreichen Forderungen

Laut dem Präsidenten der oberösterreichischen Arbeiterkammer, Johann Kalliauer, könnte es allerdings noch mehr Betroffene geben: "Die tatsächlichen Zahlen liegen deutlich höher, weil die Berufskrankheitsliste die österreichische Arbeitswelt nur unzureichend abbildet." Wenn Krankheiten zwar ihre Ursache gänzlich oder teilweise in den Arbeitsbedingungen haben, von der Berufskrankheitenliste aber nicht erfasst sind, wird von arbeitsbedingten Krankheiten gesprochen.

Die Liste müsse um weitere Krankheiten ergänzt werden, um die Veränderungen in der Arbeitswelt abzubilden, sagt Kalliauer. Muskel-Skelett-Erkrankungen, psychische Krankheiten, aber auch zusätzliche arbeitsbedingte Krebserkrankungen müssten aufgenommen werden. Die Krankenstandsfälle aufgrund psychischer Erkrankungen haben sich innerhalb von zehn Jahren verdoppelt. Auch bei Pensionierungen und Rehabilitation spielen psychiatrische Erkrankungen eine immer größere Rolle.

Davon sind laut Kalliauer vor allem Frauen betroffen, da die körperlichen und psychischen Belastungen vieler Berufsfelder, in denen mehrheitlich Frauen arbeiten – etwa der Gesundheits-, Sozial-, und Dienstleistungbereich oder der Handel – im aktuellen System nicht anerkannt würden. Das sei der Grund dafür, dass unter den anerkannten Fällen berufsbedingter Erkrankungen momentan nur 14 Prozent von Frauen sind.

Kalliauer will Beweislastumkehr bei Erkrankungen

Derzeit ist für die Feststellung einer Berufserkrankung das Prinzip der Monokausalität zentral – also die Rückführbarkeit der Krankheit auf einen einzigen auslösenden Faktor. Auch daran stört sicher der Vertreter der Arbeiterkammer: Es müsse stattdessen die Möglichkeit geschaffen werden, Krankheiten auch anteilsmäßig als arbeitsbedingt anzuerkennen. Eine weitere Forderung ist die Beweislastumkehr. Nicht die Betroffenen sollen den Beweis für einen beruflichen Auslöser der Krankheit liefern müssen, sondern die Unternehmen sollen nachweisen müssen, dass die Krankheit nicht auf Arbeitsbedingungen zurückzuführen ist.

Auch bei der Vorbeugung sieht die Arbeiterkammer Handlungsspielraum: "Selbst wenn heute Lärmdämmung oder Gehörschutz vorhanden sind, können Schäden aus früheren Zeiten dadurch nicht behoben werden. Auch die Ursachen von Asbesterkrankungen können Jahrzehnte zurückliegen, ehe die Krankheit ausbricht." Die anerkannten Berufskrankheiten von heute seien also meist auf Versäumnisse der Vergangenheit zurückzuführen. Deshalb sei es wichtig, jetzt Gesundheitsgefahren zu erkennen und so Krankheiten in der Zukunft zu vermeiden.

Arbeitsrechtliche Folgen

Wie Arbeitsunfälle sind Berufskrankheiten vom sozialen Unfallversicherungsschutz erfasst. Wurde eine Berufskrankheit festgestellt, kann die betroffene Person bestimmte Versicherungsleistungen in Anspruch nehmen. Diese umfassen zunächst die Behandlung, außerdem die medizinische, berufliche und soziale Rehabilitation und finanzielle Entschädigungen. Da die Leistungen durch die Unfallversicherung gedeckt sind, fallen auch keine Selbstbehalte an. Anders bei einer arbeitsbedingten Krankheit – wenn die Erkrankung also nicht in der Liste zu finden ist: Eine Anerkennung durch den Versicherungsträger ist dann nicht möglich. (lhag, 18.7.2017)