Es ist immer eine Frage der persönlichen Prioritäten. Dass Menschen Seife und Shampoo brauchen, um Haut und Haare von Dreck und Fett zu befreien, steht außer Zweifel. Und weil das größte Organ des Körpers manchmal auch trocken ist, haben Cremen eine Daseinsberechtigung. Die entscheidende Frage ist, wofür man sich zur Körperreinigung entscheidet.

Dass Kosmetik längst ein Produkt der industriellen Massenproduktion geworden ist, ist ein Faktum. Die Rohstoffpreise bestimmen die Inhaltsstoffe, die Inhaltsstoffe wiederum müssen den strengen Kriterien der Haltbarkeit entsprechen. Und: Die Marketingstrategen ermitteln, was die Konsumenten und Konsumentinnen wollen, etwa viel Schaum oder frischen Geruch.

Radikale Veränderungen

"Wir mussten umdenken", gibt Claudia Zandron von Biostéthique anlässlich der Präsentation der neuen pflanzlichen Pflegeserie Botanique unumwunden zu. Das deutsche Unternehmen mit Sitz in Paris ist auf Haarpflege spezialisiert und wollte sein Portfolio um eine vegane Pflegeserie erweitern. Doch dafür mussten gewohnte und erprobte Rezepturen radikal über Bord geworfen und neue Pfade bestritten werden. Statt Parabenen (die Produkte keimfrei halten) wurde Benzoesäure verwendet, die Sulfate (mit ihren erprobten, waschaktiven Substanzen) wurden durch Zuckertenside ersetzt. Eine besondere Herausforderung waren Silikone, die die Haare nach dem Waschen kämmbar und glänzend machen: Dafür hat Biosthéthique-Produktentwickler Christian Ader lange getüftelt und schließlich die Ölpflanze Krambe entdeckt. "Das war keine triviale Arbeit", sagt er, und gewisse Eigenschaften, etwa jene, dass die gelförmigen Shampoos trüb und nicht klar sind, habe man in Kauf genommen.

Auch auf Alkohol habe man verzichtet, insofern sind die Shampoos und Cremen von Botanique sogar "halal". Allerdings: Naturkosmetik ohne die künstlichen Inhaltsstoffe funktioniere auch anders, betont Claudia Zadron von Biosthéthique. Bei Haarshampoos zum Beispiel sollten Verwenderinnen die eigene Haarstruktur und die entsprechenden Bedürfnisse gut kennen, um zielgerichtet eines der drei Botanique-Produkte auswählen zu können. Wer Shampoos mit pflanzlichen Tensiden verwendet, sollte auch regelmäßig Haarmasken anwenden, das glättet und verhindert Struppigwerden.

Massage inklusive

Wenn es um Hautcremen geht, gibt es bei Naturkosmetik ebenfalls einige Besonderheiten, so Zadron, etwa die längeren Eincremezeiten, weil die Produkte nicht so rasch in die Haut einziehen. Diese zusätzliche Massage sei aber auch ein Vorteil, vor allem "für Haut, die schon länger jung ist".

Regeneration ist auch für Daniela Lindner, Geschäftsführerin von Annemarie Börlind, ein zentrales Anliegen. Die Pflegelinie Naturoyal wurde eben einem Relaunch unterzogen, weil "die Verpackung ganz wichtig ist", sagt sie. In Sachen Konservierung und Keimfreiheit seien Pumpspender bei Produkten auf Gelbasis deshalb oft die bessere Lösung. Keime können sich ohne Sauerstoff nur sehr viel schwerer vermehren. Auch Lindner weiß: Naturkosmetik erfordert vonseiten des Herstellers eine hochspezialisierte Expertise. Diese Expertise hat auch der britische Kosmetikhersteller Ren, der seit dem Jahr 2000 Bioaktivstoffe einsetzt und etwa mit Hefe in der Gesichtsmaske "Glycolactic Radiance Renewal Mas" ziemlich beeindruckende Wirkung erzielt.

Nicht nur Haarwäsche, sondern auch Styling kann ein naturnahes Thema sein. Wenn es ums organische Haarstyling geht, sind Produkte des österreichischen Herstellers Less is more unübertroffen: Die beiden Wiener Friseure machen Frisuren haltbar – und das ganz ohne Chemie. (Karin Pollack, RONDO, 7.9.2017)

Annemarie Börlind hat die Naturkosmetiklinie Naturoyale einem Relaunch unterzogen. Die Wirkstoffe der Trüffel wirken verjüngend.
Foto: Hersteller
La Biosthétique hat für die neue Naturkosmetiklinie Botanique Shampoos und Hautpflege auf Pflanzenessenzen umgestellt.
Foto: Hersteller
Ren Clean Skincare ist Naturkosmetik aus England. In der neuen Hautpflegelinie Evercalm spielt Kamille die Hauptrolle.
Foto: Hersteller
Less is more Haarpflege aus Österreich mit besonderer Sorgfalt bei der Auswahl der Inhaltsstoffe – auch bei Haarstylingprodukten.
Foto: Hersteller