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Eines der beliebtesten Urlaubsziele der Araber in Bosnien-Herzegowina ist der Prokosko-Gletschersee in der Nähe von Fojnica. Täglich wandern Gruppen von Vollverschleierten an den Bauernhäusern vorbei. Die Bosnier vor Ort verkaufen an die Araber Chips in Plastiksackerln.

Foto: Reuters / Dado Ruvic

Die Mädels aus Belgrad haben vor dem Rafting bereits eine Flasche Schnaps getrunken und lauthals Turbofolk-Lieder gegrölt. Als sie in knappen Bikinis vor dem Wasserfall in Strbacki buk an der kroatisch-bosnischen Grenze aus dem Boot steigen, sind schon viele arabische Touristen da: Frauen in bunten Kleidern, Vollverschleierte, aber auch sehr gepflegte Männer in langen weißen Kaftanen.

Die Faszination der Besucher vom Golf gilt nicht nur dem Skipper, der sich mit dem Boot den Wasserfall hinabstürzt, sondern auch den Mädels in Badekleidung, die an ihnen vorbeilaufen. Die bosnischen Wahhabiten hingegen, die die arabischen Touristen hierher an den Fluss Una begleitet haben, blicken empört weg.

26 Flieger vom Golf

Zurzeit landen pro Woche 26 Flieger vom Golf in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo. Seit Juni brauchen auch die Saudis kein Visum mehr, um in den Balkanstaat zu reisen. Viele Bosnier halten die Araber für "kulturlos" und fürchten, dass mit den Touristen auch deren salafistische Ausprägung des Islam auf dem Balkan stärker werden könnte.

Andererseits sieht man auch einzelne Vollverschleierte, die in Sarajevo wohl erstmals wagen, mit ihren Männern Händchen zu halten. Und die Touristen vom Golf werden damit konfrontiert, dass die meisten Musliminnen in einer mehrheitlich muslimischen Stadt nicht verschleiert sind. In den Vororten Sarajevos, wo die Araber oft untergebracht sind, hat mit dem Tourismus zudem auch die Prostitution zugenommen.

Die Araber kommen auch nicht hierher, um zu "islamisieren", sondern weil die Landschaft ihren Vorstellungen vom Paradies entspricht. Doch das Problem ist, dass viele Reiseführer bosnische Salafisten sind. Wie viel Geld sie verdienen, weiß keiner. Fast alles wird bar bezahlt und nicht versteuert. Klar ist nur, dass der finanzielle Zustrom zu den extremistischen Gemeinden groß ist.

Doch es geht nicht nur darum. Laut dem Experten von der Uni Sarajevo, Vlado Azinovic, laufen gegen einige der bosnischen Salafisten, die für die Araber arbeiten, wegen ihrer Verbindungen zur militanten Szene in Bosnien und im Ausland Untersuchungen von Sicherheitsbehörden. Letztere haben die Botschaften der Golfstaaten bereits aufgefordert, die arabischen Touristen anzuweisen, keine bosnischen Salafisten als Fahrer, Touristenführer, Babysitter oder Bodyguards anzuheuern.

Doch das wird überhaupt nicht befolgt. In Tourismusorten sieht man mehrheitlich Salafisten mit den typisch langen Bärten und knöchellangen weiten Hosen die Araber herumführen. Für Bosnien-Herzegowina ist der Tourismus eine wichtige Einkommensquelle, doch der arabische Besuch kommt in eine Gesellschaft, die von innerer Abgrenzung der drei großen Konfessionsgruppen und von Misstrauen geprägt ist. Anders, als wenn sie etwa nach Kitzbühel reisen, lösen die arabischen Touristen hier bei Nichtmuslimen und Säkularen Ängste aus.

Edis Bosnic aus dem Salafistendorf Gornja Maoca erzählt offen, dass viele seiner Wahhabiten-Freunde im Araber-Tourismus-Business tätig sind. "Sie tun das, weil man schnell und ohne viel zu arbeiten sehr viel Geld verdienen kann", meint der Mann, der sich selbst als "Traditionalist" bezeichnet. "Manche haben Tourismusagenturen aufgemacht und sich Vans gekauft." Eine Rolle spielt auch, dass bosnische Salafisten zuweilen gut Arabisch sprechen.

30 Salafistenfamilien

Leute wie Bosnic lehnen die offizielle bosnische Islamische Glaubensgemeinschaft (IZ) ab. Versuche der IZ, die Salafistengemeinden – genannt Para-Dschemats – zu integrieren, sind nur teilweise geglückt. Im Fall von Gornja Maoca gar nicht. In dem Dorf leben dreißig Familien nach salafistischen Regeln wie im 7. Jahrhundert. Indes wird die IZ von arabischen militanten Salafisten attackiert. Sie veröffentlichten kürzlich in der Publikation Rumiyah Bilder von bosnischen islamischen Klerikern mit dem Hinweis, dass es "wünschenswerter" wäre, diese "islamischen Außenseiter" als "Ungläubige" zu töten.

In Gornja Maoca wollte man keinen Imam der IZ akzeptieren. "Zwischen uns und denen herrscht großes Misstrauen", sagt Bosnic. In seinem Dorf versuche man aber, Besucher zu "deradikalisieren" und zu "deliberalisieren", meint er. Ersteres ist ganz offensichtlich ein PR-Gag. Selbst Bosnic räumt ein, dass "drei bis vier Leute" aus dem Dorf zum IS gegangen seien. Unter "Deliberalisierung" versteht er, dass man Leute von der "Freiheit von Religion" abbringt, also missioniert.

Die jahrzehntealten Kontakte zwischen Gornja Maoca und der Wiener Islamistenszene spielt er hinunter. Tatsächlich ist seit dem strengeren Vorgehen in Wien auch der Einfluss der Gemeinde in Gornja Maoca schwächer. (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 26.7.2017)