Vor allem mit Hunden seien die niederösterreichischen Tierheime überbelegt, heißt es vom dortigen Tierschutzverband.

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Krems/Wien – Für Tiere im Internet neue Besitzer suchen darf in Österreich seit kurzem nur, wer eine bewilligte Räumlichkeit hat, in der ausreichend geschultes Personal vor Ort ist. In Wien wurden Verstöße gegen dieses neue Gesetz bereits bestraft, was vergangene Woche einen Aufschrei des Wiener Tierschutzvereins nach sich zog, dessen Präsidentin Madeleine Petrovic das Gesetz für verfassungswidrig hält. Die Bundesregierung versprach eiligst eine Überarbeitung bis Herbst.

Allerdings: Beim Niederösterreichischen Tierschutzverband ist die Sicht auf die Einschränkung der Online-Vermittlung aus dem Ausland nach Österreich eine durchaus positive: "Tiere, vor allem Hunde, in großer Zahl unkontrolliert nach Österreich zu bringen sollte kritisch hinterfragt werden dürfen", steht in der Aussendung, die von Verbandspräsidentin Andrea Specht und Schriftführerin Elisabeth Platzky unterzeichnet ist.

"Tierschutzsystem am Kippen"

Im STANDARD-Gespräch führt Specht aus: "Mittlerweile ist das Tierschutzsystem in Österreich wirklich am Kippen." Häufig würden Tierheime von überforderten Besitzern neuer Hunde kontaktiert, die ihr Tier über das Internet aus dem Ausland vermittelt bekommen hätten und es dann ans heimische Tierheim abgeben. Die Tierheime in Niederösterreich seien "derzeit heillos überfüllt", insbesondere mit Hunden.

"Keinen Plan B"

"Ich kann die Intention verstehen, Tiere vor der Tötung im Ausland retten zu wollen, aber man muss auch die inländischen Heime verstehen", sagt Specht. Es brauche Mindeststandards für die Vermittlung von Tieren wie eben das Vorhandensein einer geeigneten Räumlichkeit. "Sonst hat man keinen Plan B, wenn eine Vermittlung schiefläuft", sagt Specht.

Außerdem brauche es mehr Transparenz beim Auslandstierschutz – also Informationen darüber, welche und wie viele Tiere woher ins Land gebracht werden. Und es bedürfe einer überstaatlichen Einigung gegen Tötungsstationen. Viele Länder, vornehmlich südlich und östlich von Österreich, würden nach einer gewissen Frist Tiere töten, darunter Frankreich, Spanien, Italien, Ungarn, Rumänien und auch Dänemark.

Problem staatlicher Tötungen

Dass es eine überstaatliche Initiative gegen Tötungsstationen für Tiere brauche, dem stimmt auch Madeleine Petrovic zu. Allerdings sieht sie gerade die Arbeit der Vereine und Privatpersonen, die sich in diesen Ländern für Tierschutz einsetzen, als sehr wichtig an, wie sie im STANDARD-Gespräch sagt. Diese Vereine würden wichtige Arbeit leisten, um einen politischen Umdenkprozess bezüglich des Tierschutzes in diesen Ländern in Gang zu bringen. Sie übermitteln aber auch Tiere in andere Länder, etwa Österreich.

Andere Gründe für Überfüllung

Eine Überfüllung österreichischer Tierheime aufgrund der Vermittlung von Hunden und Katzen aus dem Ausland sieht die Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins aber nicht. An der hohen Auslastung der Einrichtungen seien vielmehr die Kampfhundgesetze und die Wirtschaftskrise schuld, aufgrund derer bei Alterung und Krankheit von Tieren hohe Kosten nicht getragen werden könnten. Und wenn man schon die "Tierproduktion" drosseln wolle, müsse man sich auch anschauen, woher Tierhandlungen ihre Jungtiere beziehen.

Petrovic hält das Gesetz jedenfalls für "verhundst". Man werde in Einzelfällen, in denen bereits Strafen ausgesprochen wurden, zum Verwaltungsgerichtshof gehen. (Gudrun Springer, 26.7.2017)