Der FPÖ-nahe Historiker Höbelt sieht bei breiten Teilen der Burschenschaften eine Abkehr vom Antisemitismus.

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Der frühere EU-Abgeordnete Mölzer sagte seinen Auftritt bei jener als rechtsextrem bekannten Gesellschaft ab, bei der sich Parteikollege Hübner um die Karriere geredet hatte.

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Wien – Lothar Höbelt wundert nicht, dass der Auftritt aufgeflogen ist. "Wenn sich in Deutschland sehr rechte Menschen treffen", witzelt der FPÖ-nahe Historiker, "können Sie davon ausgehen, dass zehn von elf Teilnehmern beim Verfassungsschutz sind."

Im Fall von Johannes Hübner war das verfängliche Treffen ein Kongress der Gesellschaft für freie Publizistik im Vorjahr. Laut deutschen Verfassungsschutzberichten handelt es sich dabei um "die größte rechtsextremistische Kulturvereinigung" im Nachbarland. Gegründet worden sei diese von ehemaligen SS- und NSDAP-Mitgliedern, sie diene als Plattform für einschlägige Verleger, Buchhändler und Schriftsteller.

Wie DER STANDARD berichtete, hatte Hübner vor diesem Publikum antisemitische Anspielungen fallengelassen – was nun mit einem Jahr Verzögerung seine Karriere als FPÖ-Abgeordneter im Parlament beendet hat.

Allerdings reagierte die FPÖ nicht mit einer direkten Verstoßung. Er kandidiere bei der nächsten Wahl nicht mehr für den Nationalrat, ohne zum Verzicht gedrängt worden zu sein, erklärte Hübner: Er wolle die Partei vor Schaden durch die gegen ihn angelaufene "Kampagne" bewahren. Generalsekretär Herbert Kickl schickte ihm noch ein Bedauern hinterher.

Burschenschaften finden neuen Gegner

Scheut die FPÖ-Spitze die klare Distanzierung, weil sie auf das mit der Partei verbandelte Burschenschaftermilieu Rücksicht nehmen will und dort Antisemitismus gang und gäbe ist? Höbelt, der besonders zu Zeiten von Jörg Haider der Partei sehr nahe stand, glaubt nicht an diese Erklärung. Natürlich habe Antisemitismus zur Tradition der Burschenschaften gehört, sagt der Geschichtsforscher, doch mittlerweile hätten sich breite Teile dieser Gruppen davon abgewandt und in der islamischen Welt neue Gegner gefunden, mit denen es im Gegensatz zu den Juden auch einen realen Konflikt gebe.

"Ich behaupte nicht, dass 100 Prozent der Burschenschafter diese Abkehr enthusiastisch mittragen", sagt Höbelt, aber als sinnvolle Strategie sei der Wechsel der Stoßrichtung weitgehend anerkannt – was nicht ausschließe, dass "ein besoffener Hinterbänkler" bei einer Veranstaltung die alten Töne anschlage.

Abgesehen davon: FP-Chef Heinz-Christian Strache müsste schon deshalb nicht auf Hübner Rücksicht nehmen, weil dieser – etwa im Gegensatz zum einst ebenso umstrittenen Nationalratspräsidenten Martin Graf – gar nicht das Burschenschafterlager repräsentiere, meint Höbelt. Die sanfte Ablöse erklärt er sich so: "Es ging einfach darum, dass Hübner das Gesicht wahren kann."

Beim Kongress, bei dem sich Hübner um seine Karriere geredet hat, sollte laut Plan auch heuer ein FPÖ-Politiker zu Gast sein. Doch angesichts der jüngsten Entwicklungen habe er abgesagt, berichtet der ursprünglich gebuchte Ex-FPÖ-Europaabgeordnete Andreas Mölzer dem STANDARD. Ob eine als rechtsextrem bekannte Organisation nicht a priori tabu sein sollte? "Was die Gesellschaft genau vertritt, kann ich nicht sagen." (Gerald John, 27.7.2017)