Felix Auböck strebt in Budapest in sein drittes Finale.

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STANDARD: Felix Auböck verbesserte seine persönliche Bestleistung bei der WM über 400 Meter um mehr als zwei Sekunden, über 800 Meter waren es mehr als sechs. Was haben Sie im vergangenen Jahr mit ihm gemacht?

Wensman: Der größte Unterschied ist das Team. Felix kam von einem Programm, in dem er einer von wenigen Schwimmern war, teilweise sogar allein trainierte. Er versteht, dass er durch das Schwimmen mit einer größeren Gruppe besser wird. Sie pushen ihn, er pusht sie, es ist eine Art Kreislauf.

STANDARD: Spielte das für ihn schon im Vorfeld eine Rolle?

Wensman: Ja, er hat sich sehr auf das Training mit einer größeren Gruppe gefreut, darauf, die Essenz eines Teams zu spüren. Ein Teil seiner Motivation kommt auch jetzt von den Kollegen in den USA.

STANDARD: Haben Sie diese massive Leistungssteigerung im ersten Jahr kommen gesehen?

Wensman: Oh nein. Wir wussten alle, dass er großartig sein würde, aber er ist zuvor nie auf Yards geschwommen (die in den USA übliche 25-Yard-Bahn misst 22,86 Meter, Anm.). Sich auf das das umzustellen, dauert oft eine komplette Saison, aber er hat das unglaublich schnell begriffen.

STANDARD: Nach welchen Kriterien rekrutiert Ihre Uni Athleten für die Vollstipendien?

Wensman: Schwimmen ist sehr schwarz-weiß, du bist so schnell, wie du bist. Wir starten natürlich mit den Zeiten, unsere Datenbank ist am Anfang aber noch sehr groß. Dann geht es um den Charakter. Wie ist das Familienleben, spricht ein Athlet mehr über sich oder über seine Beziehungen? Ziele außerhalb des Pools zu haben ist sehr wichtig für uns. Wir wollen Menschen, die außerhalb genauso viel Leidenschaft zeigen wie im Pool. Felix will auch akademisch brillieren.

STANDARD: Wie haben Sie ihn von Michigan überzeugt?

Wensman: Einfach mit Gesprächen. Wir sind ehrlich und stellen eine Menge Fragen, die nichts mit dem Schwimmen zu tun haben. Dadurch entsteht eine Verbindung zwischen den Athleten und Trainern. Wir sind genauso ein Teil des Teams wie die Schwimmer, unsere Leidenschaft scheint da wirklich durch.

STANDARD: Was ist Felix' Stärke?

Wensman: Felix ist eine alte Seele. Er ist im Kopf viel weiter, als das für sein Alter üblich ist, er kann ein Rennen taktisch oder aggressiv schwimmen. Natürlich hat auch er Nerven, auch für ihn gibt es einschüchternde Momente. Aber er weiß, wie er das verarbeiten muss und es in Zukunft als Antrieb verwenden kann.

STANDARD: Sie haben als Assistant-Coach mit Felix begonnen. Gibt es deshalb eine besondere Bindung?

Wensman: Ich liebe es, Felix zu coachen, er ist auf persönlicher Ebene einer der einfachsten Athleten. Bei den Rennen zeigen sich sein Gefühl für Geschwindigkeit und seine harte Arbeit, er braucht bei den Meetings sehr wenig Händchenhalten.

STANDARD: Wie teilen Sie in Michigan die Trainerarbeit auf?

Wensman: Als Langstreckencoach ist Josh White für Felix einer der wichtigsten Coaches. Headcoach Mike Bottom und ich rotieren auch immer wieder hinein und coachen ihn, da wir sehr viele unterschiedliche Trainings haben. Unsere Philosophie ist, dass jeder etwas beiträgt. Je mehr unterschiedliche Denkweisen wir den Athleten beibringen, desto besser ist es.

STANDARD: Worauf werden Sie nächste Saison den Fokus legen?

Wensman: Den Start. Das Tolle am Schwimmen ist, dass man, selbst wenn man sich schnell stark verbessert – und das hat Felix bei der Wende und beim Auftauchen getan -, immer noch Luft nach oben hat. Für das Leben ist das allgemein eine gute Regel: Sobald man stagniert, fällt man zurück. Wir werden also an allen Dingen der letzten Saison weiterarbeiten, quasi das Schwert weiter schärfen. (Martin Schauhuber, 29.7.2017)