Dominik Thalhammer hat noch ein bisschen etwas vor.

APA/Punz

Nach dem Elfern ist die Freude groß.

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Tilburg – "Unglaublich", "Wahnsinn", "abnormal": Österreichs Fußball-Teamspielerinnen waren nach dem nächsten Coup bei der EM in den Niederlanden im Freudentaumel. Nach dem Elfmeterkrimi gegen Spanien am Sonntag in Tilburg wartet Dänemark im Halbfinale auf die ÖFB-Auswahl. Bei der Endrunden-Premiere vom Finale zu träumen ist nicht mehr unrealistisch und berechtigt.

"Wir wollten den einen oder anderen Punkt machen. Jetzt stehen wir im Semifinale, das ist ein Wahnsinn, es ist ein großartiges Turnier für uns", sagte Teamchef Dominik Thalhammer, der auf dem Rasen auch mit seinen beiden Töchtern jubelte. Am Donnerstag wartet in Breda Dänemark, das in der EM-Vorbereitung mit 4:2 in die Schranken gewiesen wurde.

Flow

Die Ausgangsposition könnte also nicht besser sein. "Der Traum vom Finale ist natürlich groß", sagte Abwehrspielerin Carina Wenninger. Laut Thalhammer ist das Team weiterhin in einem Flow-Zustand. "Ich hoffe, dass wir auf der Welle noch ein bisschen weitersurfen können."

Von den Österreicherinnen war gegen den Weltranglisten-13. erstmals im Turnierverlauf in der Offensive zunächst fast gar nichts zu sehen gewesen. Das hatte nicht nur mit dem Ballbesitzspiel der Gegnerinnen zu tun. "Uns hat die Kompaktheit im Pressing gefehlt. Wenn die Abstände ein bisschen groß sind, kommt man nicht so in die Zweikämpfe hinein", analysierte Thalhammer. Auf seine Defensive war aber Verlass. Die Spanierinnen hatten zwar deutlich mehr Chancen, gute Möglichkeiten waren wenige dabei.

"Spanien hat immer wieder Aktionen gehabt, es hat sich am Platz aber sehr sicher angefühlt. Wir haben kämpferisch eine extrem starke Leistung gezeigt", jubelte Wenninger. Sie harmonierte mit der ins Abwehrzentrum zurückgekehrten Kapitänin und Bayern-Kollegin Viktoria Schnaderbeck perfekt.

Am Ende

In der Verlängerung waren beide Teams körperlich am Ende, das Elfmeterschießen war die logische Folge. "Wir waren froh, dass das Spiel dann auch einmal zu Ende war", sagte die fehlerfreie Torfrau Manuela Zinsberger. Dem konnte Stürmerin Nicole Billa nach einem "sehr zermürbenden" Spiel nur zustimmen.

"Sie sind am Ball ein Wahnsinn, du schiebst von einer Seite auf die andere. Wir haben uns aber mental sehr gut darauf vorbereitet", schilderte die Tirolerin. Bei ihr war nach ihrer Auswechslung auf der Bank mehr Nervosität dabei als während des Spiels. Überzeugt von ihrem Team war sie aber in jeder Sekunde.

"Ich habe gewusst, wenn es ins Elfmeterschießen geht, werden wir gewinnen", so Billa. Trotz der großen Chance auf das Halbfinale war die Lockerheit der ÖFB-Spielerinnen vor dem Elfern spürbar, gab es lachende Gesichter, fünf souveräne Treffer waren die Folge.

"Wenn mir das jemand gesagt hätte, hätte ich gesagt, du spinnst. Es ist ein Wahnsinn, einfach unbeschreiblich", sagte Billa über den Halbfinaleinzug. Mittelfeldspielerin Sarah Zadrazil: "Wir hatten so wenige Erwartungen an das Turnier, und jetzt stehen wir unter den letzten vier. Es ist unglaublich."

Tränen

Bei vielen Spielerinnen flossen bei den Feierlichkeiten mit den Fans im Willem-II-Stadion Freudentränen, durch die Mixed Zone wurde die Polonäse getanzt. "Was wir als Mannschaft erreicht haben, kann man gar nicht beschreiben", sagte die aufgrund ihrer enormen Laufarbeit zur Spielerin des Spiels gewählte Laura Feiersinger. Auch für ihre Kollegin Sarah Puntigam, die den letzten Elfmeter verwandelte, war es ein unbeschreibliches Erlebnis. "Es ist einfach nur Freude da und Erleichterung."

Nun also das Halbfinale. Bis Donnerstag steht aufgrund der anstrengenden 120 Minuten Regeneration im Mittelpunkt. Die Pause haben Puntigam und Co bitter nötig. "Ich habe gegen Ende schon gemerkt, dass drei Spiele davor waren", gab Puntigam zu. Wenninger ergänzte: "Bei mir geht es noch, aber ein paar sind schon am Limit." Zumindest einmal gilt es noch die Zähne zusammenzubeißen. (APA, 31.7.2017)

Internationale Pressestimmen zum Halbfinaleinzug von Österreichs Frauen-Nationalteam bei der EM in den Niederlanden (5:3 im Elfmeterschießen gegen Spanien) vom Montag:

Deutschland:

"Bild": "Österreich haut Spanien raus, England schlägt Frankreich. Nächste Überraschung: EM-Neuling Österreich schlägt Geheimfavorit Spanien nach 120 torlosen Minuten 5:3 im Elfmeterschießen und trifft im Halbfinale auf Dänemark. Heldin vor 3488 Fans in Tilburg ist Torfrau Manuela Zinsberger (21) vom FC Bayern, die den Strafstoß von Silvia Meseguer (28) pariert."

"Süddeutsche Zeitung" (Online): "Erste EM, erstes Halbfinale. Der krasse Außenseiter Österreich erreicht bei der Frauenfußball-EM das Halbfinale, das ganze Land feiert Torhüterin Manuela Zinsberger."

"kicker" (Online): "Zinsberger verhilft Österreich ins Halbfinale. Das Erreichen des Viertelfinales war sowohl für Österreich als auch für Spanien (nach zwei Niederlagen in der Gruppenphase) schon ein großer Erfolg. Und für Österreich geht diese Erfolgsgeschichte noch weiter, auch wenn am Ende das Elfmeterschießen entscheiden musste.

Spanien:

"Marca" (Online): "Spanien verabschiedet sich von der EM nach dem Fall gegen Österreich im Elfmeterschießen. Österreich qualifiziert sich für das Halbfinale, nachdem die Anzeigetafel in der regulären Spielzeit unberührt blieb. Die Mitteleuropäer duellieren sich am Donnerstag, dem 3. August, mit Dänemark um ein Finalticket."

"AS" (Online): "Österreich lässt Spanien im Elfmeterschießen ohne Semifinale stehen. In einer sehr ausgeglichenen Partie kam die Mannschaft von Vilda (Spanien-Teamchef/Anm.) bis zum unheilsbringenden Elfmeterschießen, in dem Silvia Meseguer vergab und Sandra Panos keinen Versuch abwehrte. Die Penalty-Lotterie belohnte Österreich, das Überraschungsteam des Turniers."