Antibiotikaresistenzen sind weltweit eine der größten gesundheitlichen Herausforderungen.

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Wien – Das sind die besten Möglichkeiten, Mikroben resistent gegen Medikamente zumachen: die Einnahme falscher oder unnötiger Antibiotika bzw. die zu kurze oder zu lange Anwendung. Die Österreicher geben sich laut einem Bericht der EU dabei einem besonders riskanten Verhalten hin: Sie schlucken gern Antibiotika ohne Verschreibung, die als übrig gebliebene Medikamente vom Partner etc. stammen.

An sich liegt Österreich unter den EU-Staaten beim Gesamt-Antibiotikagebrauch mit um die 15 Dosen pro tausend Einwohner und Tag im letzten Drittel (Niederlande als positiver Spitzenreiter: etwa zehn Dosen; Griechenland als negatives Beispiel: 32 Dosen). Ähnlich sieht es auch bei den verbrauchten Antibiotika-Packungen pro 1.000 Einwohner und Tag aus: In Schweden (bestes Beispiel) ist es etwa eine Packung, in Österreich etwa 1,7, in Frankreich hingegen um die 4,7 pro 1.000 Einwohner und Tag. Die Häufigkeit und die Menge des Antibiotikagebrauchs ist praktisch direkt mit der Häufigkeit des Auftretens von resistenten Keimen verbunden.

Das hat Konsequenzen. "25.000 Tote in jedem Jahr, schätzt das Europäische Zentrum für Krankheitskontrolle (ECDC), gehen in der Europäischen Union zulasten antibiotikaresistenter Erreger. Weltweit sind es rund 700.000. 1,5 Milliarden Euro zusätzliche Gesundheitskosten und Produktivitätsausfälle innerhalb der EU verursachen Bakterien", hieß es kürzlich in der Online-Version der Deutschen Apothekerzeitung.

Antibiotika ohne Rezept

Ein wesentlicher Risikofaktor ist die Einnahme von Antibiotika ohne ärztliche Verschreibung. In Rumänien ist das bei 16 Prozent des Antibiotikagebrauchs der Fall, in Griechenland bei etwa 20 Prozent (2016), so der EU-Bericht. In Bulgarien, Zypern, Kroatien, Finnland, Deutschland, im Baltikum und in Polen nahmen diese Anteile zwischen 2013 bis 2016 laut Eurobarometer zu.

Während in diesen Staaten Antibiotika oft ohne ärztliche Verschreibung in Apotheken abgegeben werden, liegt laut Christoph Baumgärtel von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) in Österreich eine spezielle Situation vor: "Die Abgabe von verschreibungspflichtigen Antibiotika ohne Rezept an Kunden ist kaum relevant. Die österreichischen Apotheker nehmen die Rezeptpflicht hier sehr streng. Das haben auch Testkäufe gemeinsam mit einem Fernsehsender ergeben, die wir 2013 und 2014 gemacht haben."

Antibiotika vom Partner oder Nachbarn

Doch der EU-Bericht weise auf eine durchaus problematische Situation auf anderer Ebene hin, sagte Baumgärtel: "Knapp sechs bzw. sieben Prozent der Patienten nahmen Antibiotika ohne Verschreibung. Davon war eine sehr hohe Prozentzahl im Jahr 2013 – 'negativ-führend' in Europa – darauf zurückzuführen, dass 'übrig gebliebene' Antibiotika eingenommen wurden. Zum Beispiel der Ehepartner nimmt übrig gebliebene Tabletten aus dem Badezimmerschrank. Nur ein kleiner Teil war hingegen auf illegale Abgabe ohne Rezept in Apotheken zurückzuführen." Laut den Angaben der EU lag der Prozentsatz des Antibiotikagebrauchs von angebrochenen Packungen von anderen Personen (Partner, Nachbar, Bekannte etc.) 2013 um die sieben Prozent, im Jahr 2016 bei immer noch etwa fünf Prozent. In Schweden beträgt dieser Anteil etwa zwei Prozent.

Ohne ärztliche Verschreibung unterbleibt natürlich die Untersuchung, ob ein Antibiotikum überhaupt notwendig ist. Zweitens fällt die Auswahl des richtigen Medikaments für eine vorliegende bakterielle Infektion weg. Und schließlich nimmt der Patient das übrig gebliebene Medikament ohne Rücksicht auf ein eventuell bei ihm vorliegendes Nebenwirkungsrisiko und ohne Aufklärung darüber, wie lange es eingenommen werden soll, ein.

Die Spezialisten von der AGES haben erst vor kurzem auf anderem Gebiet Maßnahmen setzen müssen, in diesem Fall in der Landwirtschaft. Baumgärtel sagte: "Hier haben wir unlängst einen Fall aufgedeckt, bei dem illegal ein Reserve-Antibiotikum für die Schweinezucht in einem Landwirtschaftsmagazin breit für Bauern beworben wurde. Dadurch wird verbotenerweise die Nachfrage bei den Züchtern angeheizt. Aus diesem Grund gibt es für Antibiotika sowohl im Human- als auch Veterinärbereich Werbeverbote." Selbst Werbegeschenke waren den Bauern versprochen worden. (APA, 1.8.2017)