Foto: APA/dpa/Holger Hollemann

Wien – In der Gesundheitsreform werden in Österreich erste Erfolge sichtbar: Die Zahl der Spitalsaufenthalte sinkt kontinuierlich. Die Effekte der Primärversorgungszentren werden aber flächendeckend erst mittelfristig erkennbar werden, sagt der neue Geschäftsführer der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG), Herwig Ostermann.

Erste Erfolge der Gesundheitsreformen der vergangenen Jahre seien jedoch bereits ersichtlich, so Ostermann. So gehe die Zahl der Spitalsbetten pro Kopf und insbesondere die Rate der Spitalsaufenthalte – anders als in den vergangenenn Jahre in Deutschland – dauerhaft zurück. Österreich liege dabei im internationalen Vergleich zwar immer noch auf einem Spitzenplatz, es zeige sich aber ein positiver Trend: Während der erste Monitoringbericht zur Gesundheitsreform für 2012 noch eine Krankenhaushäufigkeit von 23,2 Aufnahmen je 100 Einwohner und Jahr attestierte, weist der aktuelle Bericht für 2016 nur noch 21,3 Aufnahmen aus – ein Rückgang um rund acht Prozentpunkte über den Zeitraum oder etwas mehr als zwei Prozentpunkte jährlich.

Verbesserungen durch Primärversorgungszentren ab 2021

Über die Primärversorgungszentren ist jahrelang gestritten worden, vor allem die Ärztekammer ist skeptisch. Die Konsequenzen dieser Zentren werden allerdings erst mittelfristig erkennbar, so Ostermann: "Es ist alles noch sehr am Anfang. Wenn es bis 2021 die geplanten 75 Primärversorgungseinheiten gibt, werden in ihnen etwa zehn Prozent der Einwohner – rund 800.000 Menschen – medizinisch versorgt werden." Wenn damit bei den in den Zentren versorgten Personen jeder zehnte Besuch einer Spitalsambulanz wegfällt oder fünf bis zehn Prozent weniger sofortige Facharztkonsultationen erfolgen, "dann hat man damit schon etwas erreicht".

Erfahrungen sammeln

Dabei gehe es nicht vordergründig um Einsparungen. "Die Stärkung der Primärversorgung soll die medizinische Versorgung der Menschen besser machen, als sie es bisher war", sagt Ostermann. Zunächst müsse man die Pioniere auf dem Gebiet, etwa jene in Wien-Mariahilf, in Enns und Mariazell, unterstützen und die Erfahrungen für den Aufbau weiterer Zentren und Netzwerke nutzen.

Die finanziellen Rahmenbedingungen spielten zwar eine Rolle, seien aber nciht entscheidend für die Schaffung neuer Strukturen in der Gesundheitsversorgung, sagt Ostermann. Trotzdem müsse man mit der derzeitigen Situation zurechtkommen: "Wenn man das Beispiel der Wartezeiten auf CT- und MR-Untersuchungen betrachtet, dann hätte man in den 1980er- und 1990er-Jahren wahrscheinlich unreflektiert gesagt, es müssten einfach die Kapazitäten hochgefahren werden." Heute müsse man sich genau überlegen, wo im Gesundheitswesen investiert und ob die Mittel auch zielgenau und effektiv eingesetzt werden.

"Reformschritte im Gesundheitswesen haben eben eine Vorlaufzeit von fünf bis zehn Jahren", sagt der GÖG-Geschäftsführer. Trotzdem müsse sich das Gesundheitswesen auf aktuelle Entwicklungen einstellen: "Wenn es beispielsweise in Wien aufgrund des Zuzugs binnen ein paar Jahren 100.000 junge Menschen mehr gibt, dann wird man sinnvollerweise die Planung von Geburtenstationen anpassen."

Genug Daten für Planung vorhanden

Dabei hätten die Gesundheitsplaner in den vergangenen Jahren für Gesamtösterreich noch gerade wegen der demografischen Entwicklung eine Konzentration auf wenige Standorte und ein Herunterfahren der Kapazitäten empfohlen. Aktuelle Entwicklungen – sei es in der Bevölkerungsentwicklung, der Häufigkeit von Krankheitsbildern oder der Technologie – seien eben nicht immer vorhersehbar, sodass das System ständig Anpassungen brauche.

Ostermann widerspricht gleichzeitig der Kritik, dass es für eine seriöse Gesundheitsplanung zu wenige harte Informationen gebe: "Mit den Daten aus der leistungsfinanzierten Krankenhausfinanzierung sowie der ambulanten Leistungsdokumentation, die sowohl den spitalsambulanten Bereich wie auch die Abrechnungsdaten aus den Praxen der Kassenvertragsärzte umfasst, können wir das Aktivitätsniveau im Gesundheitswesen recht gut abbilden."

Man könne mit Analysen jedoch auch übertreiben. So stoße man beim Versuch, die durchschnittliche Lebenserwartung bis auf die Gemeindeebene darzustellen, schnell auf Artefakte, also statistisch nicht aussagekräftige Ausreißer: "Da kann schon ein Unglücksfall in einer Familie in einer kleinen Gemeinde zu dem beunruhigenden Ergebnis führen, dass dort die Lebenserwartung 60 Jahre oder weniger beträgt." Was bei weitem nicht der Wirklichkeit in Österreich mit einer Lebenserwartung bei Männern von rund 79 und bei Frauen von fast 84 Jahren entspricht. (APA, 2.8.2017)