Mit der Präsentation von Kira Grünberg als Tiroler ÖVP-Spitzenkandidatin hat Sebastian Kurz die Basis und die Bünde vor den Kopf gestoßen. Nicht alle sind glücklich mit dem neuen Stil.

Foto: APA / Pfarrhofer

Innsbruck/Graz – In der Tiroler Volkspartei rumort es gehörig. Nach der Präsentation der 23 Jahre alten ehemaligen Stabhochspringerin Kira Grünberg als Spitzenkandidatin der Landesliste herrscht im Arbeitnehmerbund (AAB) und bei der Basis Unmut. Während sich die einen übergangen fühlen, fürchten andere um den Wert politischer Arbeit.

Für Beate Palfrader, Landesrätin und Obfrau des Tiroler AAB, wurde ihr Bund bei der Listenerstellung nicht entsprechend seiner Bedeutung – "Wir vertreten zwei Drittel der ÖVP-Wähler" – berücksichtigt. Tatsächlich befindet sich kein AABler auf einem Fixplatz für ein Mandat. Daher hätten drei ihrer Vertreterinnen ihre Kandidatur zurückgezogen, sagt Palfrader. Seitens des AAB werde man auch keine neuen Köpfe nachnominieren, da ohnehin keine Chance auf einen Einzug in den Nationalrat bestehe.

Landespartei beschwichtigt

Die Landespartei widerspricht dieser Darstellung. Unstimmigkeiten bei der Listenerstellung seien ganz normal. Zudem sei mit der Tiroler Frauenbund-Chefin Elisabeth Pfurtscheller ein AAB-Landesvorstandsmitglied auf Platz drei der Landesliste nachnominiert worden. Pfurtscheller, die eigentlich in ihrem Regionalwahlkreis Oberland Spitzenkandidatin sein will, sieht sich selbst weniger als AAB-Vertreterin, sondern vielmehr als "Kandidatin für alle Frauen". Dass man sie auf den unsicheren Platz drei der Landesliste entsorgen wolle, sieht sie nicht so. Den Unmut im AAB will Pfurtscheller nicht kommentieren.

Die Außerfernerin hat das Mandat im Oberland bei der letzten Nationalratswahl für die ÖVP errungen. Doch diesmal wird sie hier mit parteiinterner Konkurrenz konfrontiert. JVP-Tirol Chef Dominik Schrott, ein Vertrauter von Kurz, wird ebenfalls mittels Vorzugsstimmenwahlkampf um dieses Mandat kämpfen.

Die neue Praxis in der ÖVP, verdiente Politiker durch Junge und Quereinsteiger zu ersetzen, stößt der Basis sauer auf. Rudolf Häusler, ÖVP-Bürgermeister von Grünbergs Heimatort Kematen, spricht von einer "Entwertung des politischen Mandates". Er kenne und schätze Grünberg, allerdings stelle sich für ihn die Frage, wen eine 23-Jährige ohne jegliche politische Erfahrung im Nationalrat vertritt? "Ich bin und bleibe ÖVPler, aber ich erlaube mir zu sagen, das ist nicht der richtige Weg."

Unmut an der Basis

Häusler richtet mahnende Worte in Richtung Parteichef Kurz: "Er wird die Gemeinden im Wahlkampf brauchen. Er wird daher nicht umhinkommen, uns anzuhören." Und das werde nicht einfach für ihn, da es bereits viel Unmut an der Basis gebe.

Das Aufbegehren in Tirol wird auf Bundesebene bisher nicht kommentiert. Funktionäre des Arbeitnehmerflügels wollen sich nur "off-the-record" zu den Querelen äußern. Ihnen zufolge wird der Konflikt in Tirol noch nicht als gefährlich für Sebastian Kurz eingestuft. Tirol sei schon immer eine relativ "schwache Organisation gewesen" und spiele wie jene in Vorarlberg, Kärnten oder im Burgenland nur eine marginale Rolle innerhalb der Partei, wie ein VP-Insider erläutert. "Wichtig für den Wahlkampf sind eigentlich nicht die Bünde, die bringen kaum jemanden zum Laufen, auch nicht der ÖAAB, sondern die Bürgermeister und Ortsorganisationen", so ein AAB-Funktionär.

Die einzige ÖVP-Teilorganisation, die wirklich noch wahlentscheidende Macht besitze, sei der ÖVP-Bauernbund. Und der ist auch in Tirol wieder gut aufgestellt. So gelten Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter sowie Nationalrat Hermann Gahr in ihren Regionalwahlkreisen als Fixkandidaten für Platz eins. Wenn im Oberland Schrott zum Zug kommen sollte, wird der AAB in Tirol niemanden an wählbarer Stelle haben. (Steffen Arora, Walter Müller; 3.8.2017)