ÖVP-Obmann Kurz sieht traditionelle Gewalt in der Familie durch Migration verstärkt.

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Wien – ÖVP-Obmann Sebastian Kurz will höhere Strafen bei Gewaltdelikten. Diese Forderung wird Teil des für September angekündigten Wahlprogramms der Volkspartei sein. Justizminister Wolfgang Brandstetter wurde von Kurz beauftragt, ein Vorhabenspapier zu erstellen, wie diese Ziele umgesetzt werden. ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger bekräftigte den Vorstoß am Sonntag.

Zu milde Urteile

Kurz verweist darauf, dass es in den letzten Jahren immer wieder zu milden Urteilen gekommen sei. "Das beschäftigt mich schon lange, ich habe das immer als extrem ungerecht empfunden, wenn Gewalttäter sechs Monate bekommen, obwohl sie ein Leben zerstört haben. Jetzt als Chef der Volkspartei will ich das ändern: Strafen müssen das Unrecht widerspiegeln", erklärt Kurz in einer Stellungnahme gegenüber der APA und in den Sonntag-Ausgaben mehrerer Tageszeitungen. "Selbstverständlich ist die Unabhängigkeit der Rechtsprechung zu respektieren, aber man sollte bei den Rechtsgrundlagen verschärfen", meint der ÖVP-Obmann.

Nach Ansicht von Kurz erscheinen die Mindeststrafen oftmals zu niedrig und die Höchststrafen nicht angemessen. Auch im Verhältnis zu Strafen für Vermögensdelikte seien die Strafen niedrig. Zudem werde der Opferschutz oft nicht ausreichend berücksichtigt.

Traditionelle Gewalt importiert

Der ÖVP-Obmann macht auch auf eine Studie des Justizministeriums aufmerksam, wonach 38 Prozent der Frauen und Kinder schon Gewalt erfahren haben. 75 Prozent der Frauen haben demnach bereits einmal sexuelle Belästigung erlebt. Durch Migration sei zudem traditionelle Gewalt in der Familie importiert worden, so Kurz.

Brandstetter verspricht, dass das von ihm auszuarbeitende Vorhabenspapier zeitgerecht fertig wird. "Mir ist das Problem bewusst. Ich will die für das Verständnis der Justiz und das Vertrauen in sie wichtige Frage anhand aller relevanten Einzelfälle prüfen lassen. Ich bin dafür offen, denn Gewaltdelikte richten Schäden an, die mit Geld allein gar nicht gutzumachen sind" meint der Justizminister.

ÖVP mach Druck

Generalsekretärin Elisabeth Köstinger sagte am Sonntag gegenüber der APA, wenn es um härtere Strafen bei Gewalt an Kindern und Frauen geht, dürfe es kein Zögern geben.

Köstinger begrüßt zwar grundsätzlich den Aufruf zur Besonnenheit von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ). Wenn Kern damit jedoch versuche, eine Verhältnismäßigkeit im Strafausmaß zu verhindern, "dann sollte er schleunigst umdenken.

Hier darf man nicht zaudern und zögern, sondern sollte aus Verantwortung gegenüber den Opfern und der Gesellschaft den Vorschlag von Sebastian Kurz zu unterstützen", rief die ÖVP-Generalsekretärin dazu auf, "Blockadehaltungen" aufzugeben. "Kinder und Frauen brauchen den bestmöglichen Schutz vor Gewalttätern und sexuellen Übergriffen, dazu braucht es härtere Strafen."

Grüne Kritik am Timing

Die Grünen werfen ÖVP-Obmann Sebastian Kurz vor, mit seiner Forderung nach strengeren Strafen für Gewaltdelikte, sensible Fragen des Strafrechts in den Wahlkampf zu ziehen. Für Justizsprecher Albert Steinhauser ist eine Evaluierung der Strafrechtsreform zwar grundsätzlich sinnvoll, allerdings mit Sicherheit nicht im Wahlkampf.

Die Forderung von Kurz ist für Steinhauser außerdem als Kritik an seinem Justizminister Wolfgang Brandstetter zu verstehen, weil dieser die Verantwortung für die letzte große Strafrechtsreform und damit die Frage der Verhältnismäßigkeit von Strafen trage. Der Grüne Justizsprecher fordert, die Debatte wieder auf eine sachliche Ebene zu stellen.

SPÖ verortet Sinneswandel der ÖVP

Die SPÖ ist nach den Worten ihres Justizsprechers Hannes Jarolim "offen für härtere Strafen bei Sexualdelikten". "Für die SPÖ stand immer fest: Bei sexueller Gewalt, bei Gewalt gegen Frauen und Kindern und gerade bei Übergriffen in der Familie müssen wir hart durchgreifen", erklärte Jarolim am Sonntag in einer Aussendung.

"Unser Angebot ist: Regeln wir das rasch, unaufgeregt und mit der nötigen Konsequenz im Interesse der Opfer", so der SPÖ-Justizsprecher. Gleichzeitig warf er aber der ÖVP vor, "eine reine Angst-Kampagne" zu fahren und forderte die Volkspartei zu Sachlichkeit im Wahlkampf auf.

Jarolim hielt der ÖVP auch einen "plötzlichen Sinneswandel" vor, sie habe jetzt erst spät den Handlungsbedarf bei diesem Thema erkannt. "Ohne den anhaltenden Widerstand der ÖVP wäre hier schon viel mehr auf den Weg gebracht worden", erinnerte der SPÖ-Justizsprecher etwa an den "mühsamen Weg" bis zur Strafbarkeit beim sogenannten "Pograpschen". (APA, 5.8.2017)