Google hat sich seit Jahren Diversität auf seine Fahnen geschrieben.

Offener Sexismus bei Google? Das geht überhaupt nicht. Das stellte Konzernchef Sundar Pichai am Montag klar, indem er jenen Entwickler feuerte, dessen sexistisches Manifest in den letzten Tagen für weltweite Schlagzeilen sorgte. Darin wurden bekannte Vorurteile aufgetischt, wie etwa, dass Frauen per se schlechtere Entwickler wären, die Männerdominanz in der Computerbranche also "natürliche" Ursachen hätte. Auch seien Frauen einfach "netter", während Männer dem Erreichen eines gewissen Status eine wichtigere Rolle zuschreiben, und so eher Karriere machen.

Seine "beleidigenden Aussagen" stehen im "Widerspruch zu unseren Grundwerten und unserem Verhaltenskodex", erklärte Pichai in einem Schreiben an die Belegschaft, das von der CNBC veröffentlicht wurde. Google hat sich Diversität und die Förderung von Frauen seit Jahren auf seine Fahnen geschrieben, daher kommt die Reaktion nicht unerwartet.

Urlaub unterbrochen

Der Google-Chef unterbrach seinen Urlaub, nachdem das zehnseitige Manifest des Mitarbeiters heftige Debatten in dem Unternehmen auslöste. Der Mitarbeiter hatte die Google-Führung in eine schwierige Lage gebracht: Er beklagte auch, dass es in einer ideologisierten Unternehmenskultur nicht möglich sei, eine abweichende Meinung offen zu vertreten. Während sich laut Medienberichten viele Mitarbeiter in internen Foren empört bis fassungslos äußerten und den Text als Ansammlung sexistischer Stereotypen kritisierten, bekam der Autor auch Zuspruch in Teilen der Belegschaft.

Pichai schickte am späten Montag eine E-Mail an die Mitarbeiter, die von Google später auch veröffentlicht wurde. Teile des Textes hätten gegen interne Verhaltensregeln verstoßen und mit der Verbreitung schädlicher Stereotypen über Geschlechter eine Linie überschritten, schrieb der Google-Chef. Zu behaupten, ein Teil der Belegschaft habe Merkmale, die sie biologisch weniger fähig für die Arbeit bei Google machten, sei "beleidigend und nicht okay". Zugleich schränkte Pichai ein, dass es ebenfalls "nicht okay" sei, wenn Mitarbeiter zweifelten, ob sie ihre Ansichten am Arbeitsplatz frei äußern könnten – insbesondere wenn sie von der Meinung der Mehrheit abweichen.

3000 Wörter

Das interne 3000 Wörter starke Schriftstück gelangte am Sonntag an die Öffentlichkeit. Darin beklagt sich der Entwickler auch die Diskriminierung weißer Männer. Der Autor meinte zudem, das Frauen weniger widerstandsfähiger gegenüber Stress seien als Männer und schafften es auch deshalb so selten in Führungspositionen in der Tech-Industrie. Versuche, mehr Frauen in die Branche zu bringen, seien ein Fehler – das dürfe man aber nicht laut sagen. Seine Argumente waren in auch von rechtsextremen US-Medien aufgegriffen worden, die Technologie-Firmen sowieso oft eine zu linke ideologische Ausrichtung vorhalten. Besonders Breitbart kampagnisiert gegen Google.

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Sundar Pichai geht konsequent gegen offenen Seximsus vor.
Foto: Reuters

Danielle Brown, die neue Google-Managerin für Diversität, zuständig also für die Vielfalt der Belegschaft auch im Hinblick auf die Geschlechter, wies die Ansichten unverzüglich zurück: In einer E-Mail an die Angestellten erklärte sie, diese Äußerungen würden weder von ihr noch vom Konzern "unterstützt, gefördert oder ermutigt". Ein "Kulturwechsel" sei schwer und oft unbequem. Brown fügte jedoch auch hinzu, dass es möglich sein müsse, unterschiedliche Ansichten, auch politischer Art, zu äußern.

Von Männern dominiert

Die US-Technologiebranche ist von Männern dominiert. In letzter Zeit sind vermehrt Frauen an die Öffentlichkeit gegangen, die sich wegen Diskriminierung beschwerten. Der Gründer des Fahrtenvermittlers Uber, Travis Kalanick, trat kürzlich sogar unter dem Druck von Investoren zurück, nachdem die Vorwürfe gegen Uber wegen einer aggressiven und sexistischen Unternehmenskultur zu heftig geworden waren. (red, 8.8. 2017)