Barbara Rosenkranz verlässt die FPÖ nach 28 Jahren. Sie wird für die Liste von Karl Schnell, ebenfalls einst FPÖ-Mitglied, kandidieren.

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Fast drei Jahrzehnte war die Niederösterreicherin Barbara Rosenkranz Mitglied der FPÖ. In dieser Zeit hatte sie viele hochrangige Parteifunktionen inne, 2010 trat sie als freiheitliche Kandidatin bei der Bundespräsidentschaftswahl an. Bei der Wahl im Oktober kandidiert sie nun für die Freie Liste Österreich, die vom 2015 aus der FPÖ ausgeschlossenen Salzburger Karl Schnell angeführt wird.

Im STANDARD-Interview erklärt Rosenkranz, was die Gründe für die "Entfremdung" zwischen ihr und den Freiheitlichen sind und worin Heinz-Christian Strache, Sebastian Kurz und Peter Pilz einander ähneln in der Art, wie sie Politik machen. Und sie verrät, für welche Themen sie sich als Abgeordnete besonders einsetzen würde, falls es die Liste Schnell im Herbst ins Parlament schaffen sollte.

STANDARD: Sie sind nach 28 Jahren Mitgliedschaft in der FPÖ und diversen hochrangigen Parteifunktionen aus der Partei ausgetreten und werden für die Freie Liste Österreich von Ex-FPÖ-Vizechef Karl Schnell antreten. Warum?

Rosenkranz: Es war eine Entfremdung auch über die Art, Politik zu machen. Ich denke, dass genau jetzt eine Zeit ist, in der man konsequent und ernsthaft Politik machen muss. Eine Politik der Showeffekte und Seitenblicke, wie ich sie immer mehr in der FPÖ gesehen habe, reicht nicht aus. Ich möchte eine Politik, die wirklich grundsätzlich, konsequent und ernsthaft ist.

STANDARD: Wem in der FPÖ werfen Sie diese "Politik der Showeffekte und Seitenblicke" konkret vor?

Rosenkranz: Ich kann Ihnen ein Beispiel sagen. Das trifft die FPÖ nicht allein, sondern da sind von Peter Pilz bis Sebastian Kurz ja alle gleich – und die FPÖ ist leider mittendrin. Selbstverständlich sind wir alle von der Burka befremdet, überhaupt keine Frage. Aber das ist ja nicht der Kern des Problems. Der Kern des Problems ist, dass sich an Europas Grenzen, man liest es ja immer wieder, auch in Ihrer Zeitung, Millionen Menschen überlegen und darauf warten, dass sie sich ihre Situation verbessern können. Aus deren Sicht vollkommen berechtigt, aber für Europa natürlich völlig unmachbar. Das heißt, das Problem ist nicht die Burka, sondern die Tatsache, dass wir unsere Grenzen nicht richtig schützen. Und wenn am Wahltag oder kurz davor dann irgendwo zwei Schützenpanzer auffahren, dann rechne ich das auch unter Showeffekt, und ich erwarte mir von einer Bewegung und von einer politischen Partei, dass sie die Dinge vom Grundsatz her diskutiert. In dem Fall muss der Grundsatz heißen: Grenzkontrollen und was dazu notwendig ist. Abzulenken und ein Ventil aufzumachen für die berechtigte Sorge der Bürger, indem man das Burkaverbot als große Errungenschaft hinstellt, ist mir zu wenig.

STANDARD: Werfen Sie der FPÖ unter Heinz-Christian Strache vor, dass sie zu wenig für diesen "grundsätzlichen Grenzschutz" tun?

Rosenkranz: Ich war immer der Meinung, dass die Politik der FPÖ nicht angepasst sein und vor allem einen Kontrapunkt setzen muss, und das sehe ich jetzt einfach überhaupt nicht.

STANDARD: Was kann Karl Schnell besser als Heinz-Christian Strache?

Rosenkranz: Ich kenne Karl Schnell schon sehr lange und habe ein gutes Gefühl. Darum haben wir gesagt, wir versuchen es miteinander, für die Nationalratswahl eine neue Liste aufzustellen und eben die Politik zu machen, die ich gerne machen möchte.

STANDARD: FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl unterstellt Ihnen als Motiv für den Parteiaustritt "gekränkte Eitelkeit, gepaart mit verletztem Stolz", weil Sie für keine FPÖ-Nationalratsliste vorgesehen waren. Was antworten Sie ihm?

Rosenkranz: Nein, so bin ich nicht. Ich sehe es so: Die FPÖ war an der Art von Politik, die ich jetzt skizziert habe, nicht interessiert, und so hatte ich zwei Entscheidungsmöglichkeiten: entweder Privatleben oder etwas selbst zu probieren – und ich habe mich entschlossen, selbst etwas zu probieren.

STANDARD: Was möchten Sie, falls die Liste Schnell ins Parlament einziehen sollte, dort erreichen?

Rosenkranz: Der wichtigste Punkt ist, dass die Spielregeln der Politik verbessert werden müssen, und zwar zugunsten der Bürger. Wer auch immer etwas möchte, wird auf eine Forderung eingehen müssen: 100.000 Bürger sollen eine Volksabstimmung beantragen können, und deren Ergebnis muss verbindlich sein. Das halte ich für eine ganz entscheidende Verbesserung für die österreichische Politik. Im Gegensatz zu Ferdinand von Schirach, der bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele die direkte Demokratie absolut verdammt hat als quasi Spielfeld für Demagogen, glaube ich sehr an die Vernunft der Bürger. Man sieht es ja in der Schweiz. Und ich glaube, ein größerer Eingriff der Bürger in ihr eigenes politisches Schicksal ist dringend notwendig. Und wir müssen die Frage der Einwanderung grundsätzlich diskutieren, und zwar in der Hinsicht, dass man sagt, diese absolut unkontrollierte Einwanderungswelle der letzten Jahre – das war ja das absolute Staatsversagen im Jahr 2015 – war so massiv, dass man jetzt zu dem Punkt kommen muss: gar nichts momentan. Also null Einwanderung. (Lisa Nimmervoll, 8.8.2017)