Verfehlt Karlheinz Kopf (rechts) das Grundmandat, fährt Martina Ess nach Wien. Norbert Sieber (links) muss sich vor Vorzugsstimmen für Kurz-Frauen fürchten.

Foto: Jutta Berger

Bregenz – Ein ungewohntes Bild bei einer Pressekonferenz der Vorarlberger Volkspartei: Gleich viele Frauen wie Männer präsentieren sich den Medien. Ein neuer Stil soll Einzug in die Politik halten, sagt VP-Landesparteichef Markus Wallner (50) bei der Präsentation der Liste zur Nationalratswahl. Zum neuen Stil gehört, dass 27 von 33 Kandidaten neu sind. Und jung, von 20 aufwärts. Gereiht sind die 33 nach dem Reißverschlussprinzip.

Alter Stil ist, dass die ersten Plätze in den beiden Wahlkreisen altgediente Männer besetzen. Unternehmer Karlheinz Kopf, seit 1994 im Parlament, und Norbert Sieber, Landwirt und seit 2002 mit Unterbrechungen Abgeordneter zum Nationalrat, sollen in Nord und Süd die Grundmandate für die Volkspartei holen.

Rennen um Grundmandate

2013 gelang das nur im Wahlkreis Nord. Im Süden wurde das Grundmandat knapp verpasst, Kopf kam über die Landesliste wieder zu seinem Parlamentssitz. Auf diese Absicherung kann er am 15. Oktober nicht setzen. Kopf hat dort auf den Spitzenplatz verzichtet, "um einer jungen, tüchtigen Frau eine Chance auf ein drittes Mandat zu eröffnen". Gemeint ist Martina Ess (37), selbstständige Moderatorin und Trainerin. Ess, begeistert von Sebastian Kurz, will im Dialog mit der Bevölkerung wieder Vertrauen in die Politik zurückgewinnen.

Ein drittes Mandat sei das Wunschziel, sagt Wallner. Die junge Landesliste solle ein Signal für die Erneuerung sein. Aber: "Natürlich brauchen wir da kräftigen Stimmenzuwachs. Das heißt laufen, laufen, laufen." Dass die Altgedienten die Jungen für sich laufen lassen, will Kopf nicht gelten lassen. Natürlich werde auch er laufen, sagt Kopf. Schließlich mache er mit Leidenschaft bürgerlich-liberale, christlich-soziale Politik.

Letzte Wahl für Kopf?

Schafft er das Grundmandat nicht, ist es für Kopf gelaufen: "Dann ist meine politische Karriere beendet", sagt er auf Nachfrage des STANDARD. Zukunftsängste muss der Langzeitpolitiker nicht haben. Der 60-Jährige ist neben seiner Tätigkeit als Parlamentarier noch Geschäftsführer und Miteigentümer von zwei Unternehmen für Sportanlagenbau und Sportmarketing.

Dass die jungen Kandidatinnen und Kandidaten auf der Liste nur Staffage sind, will VP-Geschäftsführer Dietmar Wetz nicht so sehen. "Wir haben unser Vorzugsstimmensystem so abgeändert, dass realistische Chancen vorzurücken bestehen."

Inhaltlich gab Wallner den Neuen deutlich zu verstehen: "Wer nach Wien geht, darf nicht vergessen, woher man kommt. Vorarlberg braucht eine starke Vertretung in Wien."

Volkspartei muss ordentlich zulegen

2013 erreichte die Vorarlberger Volkspartei 26 Prozent, fünf Prozentpunkte weniger als 2008. Zweitstärkste wurden mit 20 Prozent die Freiheitlichen, gefolgt von den Grünen mit 17 Prozent. SPÖ und Neos lagen gleichauf bei 13 Prozent, Stronachs Liste erreichte fünf Prozent. Volkspartei und FPÖ erhielten je zwei Mandate, alle anderen je eines. Für die angepeilten drei Mandate müssten die Türkisen landesweit über 35 Prozent einfahren. Woher nehmen? "Die Liste Kurz ist attraktiv für alle Wählergruppen", sagt Kandidat Sieber.

In der Parteizentrale spekuliert man auf die Stronach-Stimmen, aber auch mit Zulauf aus dem pinken und grünen Lager. (Jutta Berger, 8.8.2017)