Die Häuserzeile in der Wiener Schwertgasse steht unter Ensembleschutz.

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Der Eingang des Hauses "Zu den sieben Schwertern".

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Wien – Bis vor kurzem war Walther Götlinger noch guter Dinge, hatte doch das Bundesdenkmalamt den geplanten Umbau des barocken Hauses in der Schwertgasse 3 in der Wiener City abgelehnt – DER STANDARD berichtete. Nun muss er aber aus dem Haus, in dem er vor rund 70 Jahren geboren wurde, ausziehen.

Er und ein weiterer Mieter hatten gegen die Umbaupläne des Eigentümers – eine Stiftung von Ex-Palmers-Chef Rudolf Humer – angekämpft, da sie befürchteten, dass der im Original erhaltene Dachstuhl zerstört würde, und seither mehrere Kündigungen erhalten.

Streit um Vorraum

Götlingers vierte Kündigung ist nun rechtskräftig. Der Oberste Gerichtshof gab dem Urteil des Landesgerichts Wien recht: Der Mieter habe sich "unleidlich verhalten". In dem Streit ging es um einen Vorraum, der zwischen dem Stiegenhaus und Götlingers zwei Wohnungen liegt. Nur er besitzt einen Schlüssel zur barocken Tür zum Vorraum – und benutzte diesen mit. Das taten schon seine Eltern. Der Eigentümer beschloss kürzlich, der Vorraum gehöre zum allgemeinen Teil des Hauses, und verlangte den einzigen Schlüssel zurück. Götlinger verweigerte.

Ihm deshalb "unleidliches Verhalten" zu unterstellen sei ein "ungewöhnlich strenges Urteil", meint Walter Rosifka, Mietrechtsexperte der Wiener Arbeiterkammer. Bei ähnlichen Urteilen gehe es etwa um Mieter, die sich eine Fläche aneignen, indem sie unerlaubt eine Mauer hochziehen. Götlinger hingegen habe einen Zustand aufrechterhalten wollen, der seit Jahrzehnten besteht, dem Eigentümer bekannt war und von diesem nie beanstandet wurde.

Nicht aktiv widersetzt

Dem Experten zufolge wäre "unleidliches Verhalten" als Kündigungsgrund etwa dann gerechtfertigt, wenn der Mieter sich aktiv widersetzt hätte. Wenn Götlinger also etwa dazu verurteilt worden wäre, den umstrittenen Vorraum für die Allgemeinheit freizugeben. Das ist aber hier nicht der Fall. Man hätte weiters beurteilen müssen, so Rosifka, ob dem Mieter nicht ein Benutzungsrecht zugestanden wäre. Dass er für den Vorraum kein Mietrecht habe, bedeute nicht, dass er keinerlei Rechte habe.

Bemerkenswert ist für Rosifka auch ein weiterer Umstand: Da Götlinger seinen Schlüssel dem Eigentümer nicht zurückgab, ließ dieser das Schloss der barocken Tür aufbrechen. Götlinger klagte daraufhin wegen Besitzstörung und bekam recht.

Mieterschutz "nicht generell untergraben"

Obwohl der Experte die Entscheidung des Gerichts insgesamt als "problematisch" einschätzt, sieht er den Mieterschutz dadurch "nicht generell untergraben". Der Fall sei "relativ einzigartig".

Für Götlinger heißt das: ausziehen bis zum 28. September. Die einzige verbleibende Möglichkeit, den Auszug doch noch abzuwenden, wäre die, dass der Eigentümer die Kündigung zurückzieht. Er wolle jedenfalls um eine Verlängerung der Räumungsfrist ansuchen, sagt Götlinger. Denn wo er künftig wohnen wird, wisse er noch nicht. (Christa Minkin, 9.8.2017)