Simon Fleisch (24) tritt für die FPÖ im Tiroler Außerfern an. Der Jungpolitiker will die Abwanderung im Bezirk stoppen.

Foto: FPÖ Tirol

Reutte – Im Tiroler Außerfern gehen die Uhren ein wenig anders. Hier im Nordwesten, an der Grenze zu Vorarlberg und Deutschland, ist Innsbruck weit weg, ganz zu schweigen von Wien. Das spiegelt sich auch inhaltlich im Programm von Simon Fleisch, seines Zeichens Kandidat der FPÖ für die Nationalratswahl im Oktober, wider. Der 24-Jährige nennt – in alphabetischer Reihenfolge – "Jugend, Tierschutz, Tradition und Verkehr" als bestimmende Inhalte seiner Arbeit. Das FPÖ-Paradethema Ausländer fehlt. Und das, obwohl der Bezirk Reutte mit rund 19 Prozent nach Innsbruck den zweithöchsten Ausländeranteil in Tirol aufweist.

"Das ist nicht mein Spezialthema", sagt Fleisch, der sich – nomen est omen – als Fleischverarbeiter im Bezirkshauptort verdingt. Das Ausländerthema ist in Reutte keines, mit dem sich viele Stimmen machen ließen. Denn seit den 1960er-Jahren leben hier, meist türkischstämmige, Gastarbeiter. Die Planseewerke, der mit Abstand größte private Arbeitgeber der Region, haben sie geholt. Und selbst FPÖ-Bezirksobmann Fabian Walch, der dem mit Medien noch unerfahrenen Fleisch beim Interview zur Seite steht, räumt ein, dass das Zusammenleben im Grunde gut funktioniere.

FPÖ in Reutte wiederauferstanden

Walch und Fleisch bilden das Führungsduo der noch jungen FPÖ-Bezirksorganisation, die erst im Vorjahr gegründet wurde. Mehr als zehn Jahre lang gab es in Reutte keine FPÖ. Mittlerweile sei man aber wieder auf dem aufsteigenden Ast. Heute zähle die Partei bereits über 300 Mitglieder im Bezirk sowie fünf Gemeinderäte. Fleisch selbst ist Mandatar in seinem Heimatort Forchach. Das erklärte Ziel für die Nationalratswahl liegt bei über 20 Prozent der Stimmen, 2013 waren es gut 17 Prozent. Fleisch rechnet sich aber nur sehr geringe Chancen für einen Einzug ins Parlament aus. Er kandidiert auf dem zweiten Platz der Bezirkswahlliste und auf Platz neun im Land.

Sein inhaltlicher Fokus liegt auf dem Thema Jugend. Denn die strukturschwache Region leidet unter der Abwanderung. Fleisch selbst musste für seine Lehrzeit nach Landeck auswandern: "Es gab in Reutte keine einzige Lehrstelle." Daher setzt er sich für eine Aufwertung der Region, etwa durch den Bau einer HTL für Informationstechnik, ein. In Sachen Tierschutz kämpft er vor allem gegen die Praxis des Schächtens, die er als gelernter Fleischer für Tierquälerei hält.

Absage an Extremismus, aber Fan der Identitären

Sein Interesse an Politik sei schon in jungen Jahren geweckt worden. Und von jeher sei die FPÖ seine politische Heimat. Als Vorbild nennt er Herbert Kickl: "Weil er die Wahrheit sagt und geradlinig ist." Jedweder Form von Extremismus erteilt er eine Absage. Warum er dennoch auf Facebook Fan der Identitären Bewegung sei? Fleisch gerät ob der Frage in Verlegenheit und gibt erst vor, nicht zu wissen, dass er diese Seite gelikt habe. Im Nachsatz meint er: "Na ja, man muss auch wissen, was die anderen tun."

Auch wenn er im Oktober nicht ins Parlament einzieht, will Fleisch der Politik treu bleiben und kann sich vorstellen, sie zum Beruf zu machen. (Steffen Arora, 11.8.2017)