Aus den Schriften des antiken griechischen Schriftstellers Plutarch ist der Satz von Kaiser Augustus überliefert: "Ich liebe den Verrat, aber die Verräter lobe ich nicht." Knapp zwei Jahrtausende später darf auch der Verräter auf großmütiges Lob hoffen, zumal in der österreichischen Innenpolitik. Überläufer, Seitenwechsler, Partei-Swinger und andere Transferwillige finden freundliche Aufnahme. Beteiligte, Betroffene, Geschädigte und Profiteure gibt es dabei in allen Parteien. "Rette seinen Parlamentssitz, wer kann" ist die unausgesprochene Devise.

Das jüngste, aber beileibe nicht einzige Beispiel ist Robert Lugar: Ex-FPÖler, Ex-BZÖler, kurzzeitig "wilder" Abgeordneter, zuletzt Team Stronach – und bei der Wahl wieder FPÖler. Noch 2012 meinte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zu Lugars Andocken bei Stronach verächtlich: "Einmal Verräter, immer Verräter." Für jemanden mit so volatiler Gesinnung gebe es keinen Unterschlupf bei den Blauen.

Jetzt ist also wieder Platz für Lugar in der Partei mit dem großen Herzen. Politische Ideale? Überzeugte Haltung? Moralinsaure Kategorien, die bei solchen Volten in Wirklichkeit keine Rolle spielen. Nicht mehr als rhetorische Dekoration. Hehre Ideale muss man sich auch leisten wollen.

Vielleicht ist das Wort "Verrat" auch viel zu groß für solche Phänomene. Womöglich ist es eine schlichte Spielart von "Selbstoptimierung". Bertolt Brecht brachte es auf den Punkt: "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral." (Lisa Nimmervoll, 11.8.2017)