Charlottesville/Washington – Nach der Kritik an US-Präsident Donald Trump, die rechtsextreme Gewalt in Charlottesville nicht klar genug verurteilt zu haben, bemüht sich das Weiße Haus um eine Klarstellung. Trumps Verurteilung "aller Formen der Gewalt, des Fanatismus und des Hasses" gelte "natürlich auch für Neonazis, den Ku Klux Klan und alle extremistischen Gruppen", hieß es am Sonntag in Washington.

Zahlreiche Republikaner und Demokraten hatten den US-Präsidenten zuvor kritisiert, klare Schuldzuweisungen nach der Gewalt bei dem Aufmarsch der Rechtsextremisten im Bundesstaat Virginia vermieden zu haben. Stattdessen hatte Trump die "Gewalt auf vielen Seiten" verurteilt und damit die Rechtsextremen auf eine Stufe mit den antirassistischen Gegendemonstranten gestellt.

Während Präsident Trump lange Zeit schwieg, meldeten sich einige Vorgänger zu Wort, um die Gewaltausbrüche durch Rechtsextreme in Charlottesville zu kritisieren. Nach Angaben der Polizei starb eine 32-jährige Frau, als ein Fahrzeug in Charlottesville im US-Staat Virginia vermutlich absichtlich in eine Gruppe vom Gegendemonstranten raste und an einer Kreuzung zwei Autos rammte.

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Trauernde in Charlottesville
Foto: REUTERS/Jim Bourg

Der Fahrer, ein 20-jähriger Mann aus Ohio, wurde nach Polizeiangaben unter Totschlagsverdacht festgenommen. Präsident Trump wurde auch aus der eigenen Partei für seine Reaktion auf die Gewalt heftig kritisiert. Politische Gegner werfen ihm seit längerem vor, durch seine scharfe Rhetorik den rechten Rand in den USA zu stärken und zum Handeln zu ermutigen.

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Die 32-jährige Heather Heyer, eine Rechtsanwaltsangestellte aus Virginia, wurde von dem Autoattentäter getötet.
Foto: Heather Heyer via Facebook/Reuters

Barack Obama etwa zitierte auf Twitter den früheren Präsidenten Südafrikas und Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela: "Niemand wird mit dem Hass auf andere Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ethnischen Herkunft oder Religion geboren. Hass wird gelernt. Und wenn man Hass lernen kann, kann man auch lernen zu lieben."

Auch First Lady Melania Trump hielt fest, dass "von Gewalt nichts Gutes" komme. Donald Trumps Reaktion hingegen erfolgte nicht nur sehr spät, sondern auch auffallend unverbindlich: Via Twitter rief er zunächst dazu auf, gegen Hass und Gewalt zusammen zu stehen.

Sogar Justizminister Jeff Sessions, den selbst Rassismus-Vorwürfe begleiten, sprach von "rassistischem Fanatismus" und "Verrat" an "unseren zentralen Werten". Dass Trump jegliche Eindeutigkeit vermissen ließ, hielten ihm zahlreiche prominente Republikaner vor. "Mein Bruder gab sein Leben nicht im Kampf gegen Hitler, damit Nazi-Ideen hier zu Hause unangefochten stehen können", hielt Senator Orrin Hatch fest. Sein Amtskollege Marco Rubio erklärte, es sei "sehr wichtig, dass der Präsident die Ereignisse in Charlottesville als das beschreibt, was sie sind: als Terroranschlag weißer Rassisten". Senator Cory Gardner twitterte: "Wir müssen das Böse beim Namen nennen. Das war inländischer Terrorismus."

Trumps unterlegene Wahlkampfgegnerin Hillary Clinton griff diese Kritik in einer Twitter-Botschaft auf: "Jede Minute, in der wir dies durch stillschweigende Ermunterung oder durch Nicht-Handeln hinnehmen, ist eine Schande."

In seinem ersten Interview nach dem Verlassen des Weißen Hauses hat auch Anthony Scaramucci US-Präsident Donald Trumps vage Äußerungen zur Gewalt in Charlottesville kritisiert. "Ich hätte ihm dieses Statement nicht empfohlen", sagte der Ex-Kommunikationschef dem US-Sender ABC News. "Er hätte viel härter sein sollen im Umgang mit den weißen Rassisten." Der Angriff sei Terrorismus gewesen, so Scaramucci weiter.

Der ehemalige Investor aus New York feuerte auch erneut gegen Trumps Chef-Strategen Steve Bannon. Dessen Toleranz für weißen Nationalismus und Dominanzideologie sei unverzeihlich. Von diesem "Nonsens" solle sich der Präsident verabschieden.

Scaramucci musste Ende Juli nur zehn Tage nach seiner Ernennung zum Kommunikationschef den Posten räumen. Kurz vorher machte der 53-Jährige mit äußerst unflätigen Äußerungen in einem Interview mit dem "New Yorker" über Bannon und Trumps ehemaligen Stabschef Reince Priebus von sich reden. In Bezug darauf zeigte er sich in dem Interview vom Sonntag nur teilweise selbstkritisch: "Ich habe einen unerzwungenen Fehler begangen." Allerdings habe ihn der Artikel mit den Zitaten schlecht aussehen lassen. Er habe gedacht, seine Aussagen zu Priebus und Bannon seien vertraulich gewesen.

Bereits vor der Attacke auf Gegendemonstranten mit dem Fahrzeug hatten sich Kundgebungsteilnehmer schwere Schlägereien mit Gegendemonstranten geliefert. Insgesamt wurden 35 Menschen verletzt, 19 davon bei dem Angriff mit dem Auto. Nach CNN-Angaben waren in der Nacht zum Sonntag fünf von ihnen in kritischem Zustand und vier weitere schwer verletzt. Zwei Menschen kamen außerdem beim Absturz eines Polizeihubschraubers bei Charlottesville ums Leben, der die Zusammenstöße aus der Luft beobachtet hatte. Über die Ursache wurde zunächst nichts bekannt. (red, APA, Reuters, 13.8.2017)