Kanzler Kern trennt sich vom Politikberater Tal Silberstein.

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Wenn's laft, dann laft's: Dass das eherne Naturgesetz aus dem Skisportuniversum auch auf die Politik anwendbar ist, erfährt die SPÖ dieser Tage mit ungebremster Wucht – allerdings unter negativen Vorzeichen. Erst Handgreiflichkeiten unter Mitarbeitern, dann der Absprung des Kampagnenleiters, nun der jähe Sturz des vermeintlichen Erfolgsgaranten im Hintergrund: Konsequenter kann ein Wahlkampfteam die eigene Aufgabe – das Produzieren positiver Schlagzeilen – nicht ins Gegenteil verkehren.

Die aktuelle Causa bietet der Konkurrenz alle Zutaten, um einen Skandal aufzublasen: Der Israeli Tal Silberstein, geheimnisumwitterter Kanzlerberater und angeblicher Schmutzkübelkampagnenfachmann, wurde von der israelischen Polizei festgenommen – dem Vernehmen nach soll es um Geldwäsche, Bestechung und andere unschöne Begebenheiten gehen. Noch ehe der Zugriff am Montagvormittag offiziell bestätigt war, ließ die SPÖ den über viele Jahre gern gehörten Einflüsterer fallen: Die Partei stelle die Zusammenarbeit mit Silberstein ab sofort ein, versicherte Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler.

Dass die FPÖ, sollten sich die Vorwürfe gegen den Spindoktor bewahrheiten, gleich auch den Kopf von SPÖ-Obmann und Kanzler Christian Kern rollen sehen will, ist natürlich überzogen. Bis dato gibt es keinerlei Hinweise, dass Silbersteins fragwürdige Geschäfte irgendetwas mit seiner Tätigkeit für die SPÖ zu tun haben. Kein Parteichef kann in seine Mitarbeiter hineinschauen und garantieren, dass diese abseits der Politik ein untadeliges Leben führen.

Vorwürfe seit langem bekannt

Dennoch ist zum Unglück der SPÖ nicht einfach nur Pech dazu gekommen, die Genossen haben sich die peinliche Affäre zu einem Teil auch selbst zuzuschreiben. Denn anders als Niedermühlbichler suggeriert, sind die "rechtlichen Vorwürfe" gegen Silberstein nicht erst seit dieser Woche bekannt. In Rumänien etwa haben Korruptionsjäger den Unternehmer schon seit 2015 im Visier, die Causa liegt längst bei Gericht. All das hat sich spätestens mit Beginn des aktuellen Jahres nach Österreich herumgesprochen.

Keine Frage: Auch Silberstein hat, solange er nicht verurteilt ist, Anspruch auf die Unschuldsvermutung. Doch politisch gelten, besonders in einem Wahlkampf, nun einmal strengere Maßstäbe. Um die Gefahr zu erkennen, dass eine der Affären um den Strategen just im heikelsten Moment hochzukochen droht, braucht es keine prophetischen Gaben. Ein anhängiger Korruptionsprozess wie in Rumänien hätte für Kern und Co. Grund genug sein müssen, von vorneherein auf Silberstein zu verzichten – auch wenn sich die Vorwürfe irgendwann in Luft auflösen könnten.

Fehlender Weitblick ist fast noch die schmeichelhaftere Erklärung für das Malheur. Schlimmer wäre es, sollte Kern das Risiko bewusst in Kauf genommen haben, weil er Silberstein für unverzichtbar hält: Ein Kanzler, der dem Geschick eines einzelnen Gurus so viel Gewicht gibt, kann in die eigene Politik nicht viel Vertrauen haben. (Gerald John, 14.8.2017)