Der Firmensitz von BWT in Mondsee.

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Wien – Nach knapp zwölf Stunden hitziger Debatte stand am Montag gegen 21 Uhr fest, was sich bereits vor der Hauptversammlung (HV) des Wasseraufbereiters BWT abgezeichnet hatte: Der Streubesitz, den BWT-Großaktionär und Vorstandschef Andreas Weißenbacher vergeblich über ein kaltes Delisting hinauszudrängen versucht hatte, wird die HV-Beschlüsse anfechten. Allen voran den Squeeze-out-Beschluss, also die Zwangsabfindung der Kleinanleger zum Preis von 16,51 Euro je Aktie, wollen sich die BWT-Miteigentümer, die rund 7,25 Prozent des Kapitals repräsentieren, nicht gefallen lassen.

Diese Barabfindung liegt weit hinter dem vom BWT-Ableger Fiba im November gelegten Übernahmeangebot von 23 Euro und bot mit der ihr zugrunde liegenden Unternehmensbewertung ausreichend Stoff für emotionale Fragerunden, die durch Zwischenrufe – und Gelächter zeitweise ins kabaretthafte abzugleiten drohten. "Das ist nur ein Bruchteil des Wertes, den man für eine Beteiligung an diesem hervorragend aufgestellten Unternehmen erwarten könnte", wetterte Rechtsanwalt Wolfgang Leitner vor gut 90 Aktionären gegen den von Deloitte Audit Wirtschaftsprüfung im Auftrag von BWT und Weißenbachers WAB-Privatstiftung erstellten Bericht.

"Keine faire Bewertung"

"Das ist keine faire Bewertung", rechnet Leitner vor, der ein aktienrechtliches Überprüfungsverfahren ankündigt. Die Barabfindung werde unter anderem durch ein monströses Engagement in die Formel-1 "kleingerechnet". In den nächsten fünf Jahren sollen allein in das Force India-Team mit zwei rosa lackierten Boliden 78 Millionen Euro fließen, räumte Weißenbacher auf Nachfrage ein. Die ersten 7,5 Mio. Euro sind bereits im ersten Halbjahr 2017 geflossen, bis 2021 sind jährlich 15,3 Millionen Euro vorgesehen. Der erklärte Zweck: Aufbau und Stärkung der Marke BWT und ihrer Tischwasserfilter auf den Weltmärkten. Insgesamt wird der Werbeaufwand von 46 Millionen Euro im Jahr 2016 auf gut 110 Millionen im Jahr 2019 hochgeschraubt – das wären 15 Prozent des budgetierten Umsatzes von fast 740 Mio. Euro.

"Die Formel 1 ist nicht clean", kritisierte ein anderer BWT-Aktionär, damit mache BWT die über Jahre aufgebaute Marke kaputt. "Das sind Dreckschleudern, die ganz und gar nicht zum sauberen Wasser und zum Image der BWT passen." Aktionär Berthold Berger setzte nach: "Bei MotoGP geht die Post ab, nicht bei der Formel-1."´

"Weder fair noch unabhängig", nennt Anwalt Ingo Kapsch die Bewertung. Deloitte sei nicht unabhängig, denn Deloitte-Partnerin und Geschäftsführerin Claudia Fritscher-Notthaft gehöre zugleich dem Stiftungsvorstand von Weißenbachers WAB-Stiftung an. "Auch ein befangener Richter kann gesetzeskonform entscheiden, aber er ist trotzdem befangen."

Rechtsmissbräuchlich zustandegekommen

Noch mehr stößt sich Kapsch, der namens der LBBW Asset Management, einer Investmentgesellschaft der Landesbank Baden-Württemberg, eine Anfechtungsklage erwägt, an einem anderen Punkt: Der Squeeze-out-Beschluss könnte rechtsmissbräuchlich zustande gekommen sein, weil die WAB Privatstiftung und deren eigens für die BWT-Übernahme gegründete Fiba GmbH die für einen Squeeze-out notwendige 90-Prozent-Schwelle nur mithilfe der von BWT in den vergangenen Jahren zurückgekauften eigenen Aktien (sechs Prozent des Grundkapitals) erreicht habe.

Das bestreitet der BWT- Vorstand, der Journalisten und Gäste von der HV ausgesperrt hatte: Die eigenen Aktien seien bei der Berechnung des Squeeze-out-Schwelle herausgerechnet worden wie im Gesellschafterausschlussgesetz vorgesehen. Die 90 Prozent hätte man auch bei Einziehung der 1.073.000 Stück Aktien erreicht. Im Übrigen habe man gar keine Möglichkeit gehabt, die eigenen Aktien einzuliefern, denn das Übernahmeangebot (zu 23 Euro je Aktie, Anm.) habe die eigenen Aktien gar nicht umfasst, versicherte BWT-Präsident Wolfgang Hochsteger, im Brotberuf Rechtsanwalt in Hallein.

"Das ist Quatsch", konterte der streitbare Aktionär Rupert Heinrich Staller, der BWT während der HV anbot, diese Anteilsscheine gemeinsam mit Investoren zu kaufen. Es stehe im Ermessen des Bieters, die eigenen Aktien miteinzubeziehen und Bieter sei niemand geringerer als BWT-Chef Weißenbacher. BWT habe für die eigenen Aktien mehr als 18 Euro bezahlt und wolle den Streubesitz nun mit 16,51 Euro abspeisen. "Diese Bewertung ist offensichtlich hingebogen", argwöhnt Staller, der hofft, dass das Firmenbuchgericht die Eintragung des Zwangsabfindungsbeschlusses nicht vornehmen wird. "Es ist gut für den österreichischen Kapitalmarkt, dass nun ein seröser Fonds zur Hygiene beträgt." (Luise Ungerboeck, 15.8.2017)