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Nach Jahren aufgeschlüsselt: Microsoft hatte noch nie so wenige Eigenproduktionen veröffentlicht wie 2017 – und das ausgerechnet zum Start einer neuen Konsole.

Microsofts einstiger Xbox-One-Vorzeigetitel "Crackdown 3" wird nicht geplant im November erscheinen, sondern erst im Frühling 2018. Grund dafür sei, dass man mehr Zeit für die Ausarbeitung der Kampagne sowie des Koop- und Wrecking-Zone-Modus (Multiplayer) braucht, sagt Microsoft-Studios-Manager Shannon Loftis in einer Stellungnahme auf Twitter.

"'Crackdown 3' ist ein enorm ambitioniertes Spiel und wir wollen sicherstellen, dass wir in jeder Hinsicht eine gute Erfahrung abliefern", erläutert Loftis in einem anschließenden Interview mit der Seite Polygon. "Die richtige Balance zwischen den drei Modi zu finden ist wichtig und dafür nehmen wir uns noch mehr Zeit." Ursprünglich hätte "Crackdown 3" bereits 2016 erscheinen sollen. Doch Schwierigkeiten bei der Entwicklung machten den 2014 als Vorzeigewerk für Microsofts Cloud-Gaming-Initiative angekündigten Titel aus der Bahn. Bei der jüngsten Vorstellung auf der Branchenmesse E3 2017 war von den Cloud-Features keine Rede mehr.

Unglücklicher Zeitpunkt

Verschiebungen von Videospielmarktstarts sind an sich nicht ungewöhnlich – sei es, um mehr Zeit für die Entwicklung einzuräumen oder aus strategischer Sicht ein absehbar schwaches Geschäftsquartal zu stärken. Für Microsoft kommt die Verspätung des für Xbox und Windows exklusiv entwickelten Titels dennoch äußerst ungelegen. Denn "Crackdown 3" hätte den fast zeitgleich angesetzten Marktstart von Microsofts neuer Spielkonsole Xbox One X beflügeln sollen, nachdem mit "Sea of Thieves" zuvor bereits ein weiterer hauseigener Blockbuster aus dem diesjährigen Line-up fiel. Und auch der Zombie-Survival-Simulator "State of Decay 2" musste auf nächstes Jahr verschoben werden.

So bleibt Microsoft heuer nur die Rennspielfortsetzung "Forza Motorsport 7" als konsolenexklusiver Blockbuster, um die Veröffentlichung der leistungsstärkeren Xbox One zu bewerben und die grafischen Vorzüge der Xbox-One-X-Fassungen zu untermauern. Auch im ersten Halbjahr konnte der Konsolenhersteller keinen exklusiven Hit hervorbringen, der sich zur Vermarktung eignen würde.

Die Xbox One X stand im Zentrum der Tops und Flops der vergangenen E3.
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Schwierige Ausgangslage

Wie sich dies tatsächlich auf die Xbox-One-X-Verkäufe auswirken wird, bleibt abzuwarten. Microsoft hätte es aber sicherlich gerne gesehen, mit vielen eigenen Werken die Vermarktung der Konsole stützen zu können. Nun wird man mit dem schwächsten Line-up an exklusiven Xbox-Spielen seit Jahren zu großen Teilen auf Kooperationen mit Drittherstellern angewiesen sein und darauf bauen müssen, dass Activision, EA und Co. ihre Spiele für die neue Hardware ordentlich anpassen.

Damit befindet sich Microsoft in einer ähnlichen, wenngleich noch schwierigeren Situation als Sony vergangene Weihnachten, als die Playstation 4 Pro in den Handel kam und wenige Wochen zuvor die exklusiven Titel "GT Sport" und "Horizon Zero Dawn" auf 2017 verschoben wurden. Im Unterschied zu Microsoft konnte der japanische Hersteller allerdings auf die Vermarktung einiger Mitte 2016 erschienener, starker exklusiver PS4-Werke wie "Uncharted 4" und "Ratchet & Clank" bauen sowie die Veröffentlichung des Virtual-Reality-Systems Playstation VR. Und dennoch fiel der Marktstart der PS4 Pro eher verhalten aus. Anfang 2017 erklärte Sony, dass etwa jede fünfte verkaufte PS4 eine Pro ist. Man darf also gespannt sein, welchen Anteil die Xbox One X verbuchen können wird. (zw, 17.8.2017)