Es ist nicht so einfach mit den Bürgerkriegsdenkmälern des Südens. Für das liberale Amerika sind es Statuen, die den Abriss verdient haben, zumal sie nicht für die Vereinigten Staaten stehen, sondern für den Versuch, die Vereinigten Staaten zu spalten. Schwarze Amerikaner sehen in ihnen Relikte weißen Überlegenheitsdünkels, Heiligenbilder eines Denkens, das die Sklaverei trotz der Kriegsniederlage mit anderen Mitteln fortsetzen wollte. Zumeist errichtet am Anfang des 20. Jahrhunderts, stehen die Reiterfiguren für eine Zeit, in der die Kapuzenträger des Ku-Klux-Klans den Zenit ihrer Macht erreichten und Afroamerikaner mit Lynchmorden terrorisierten.

Sicher gibt es auch Südstaatler, die damit einfach die Erinnerung an ihre auf Schlachtfeldern gefallenen Vorfahren verbinden. Und Historiker debattieren nicht erst seit heute darüber, welche Lösung die beste ist. Manche Städte entscheiden sich fürs Abtragen, andere plädieren dafür, die Bronzekolosse um erklärende Tafeln zu ergänzen. Expertenkommissionen werden eingesetzt, Foren veranstaltet, der Diskurs ist in vollem Gang. Manche Entscheidungen fallen mit klarer, andere mit knapper Mehrheit, etwa in Charlottesville, wo sie im Rathaus mit drei zu zwei Stimmen dafür stimmten, Südstaaten-General Robert E. Lee vom Sockel zu stürzen.

Geschichtsdebatte als Vorwand

Nur: Die Machtdemonstration des rechten Randes, die die beschauliche Universitätsstadt ins Chaos stürzte und schließlich mit dem Terrorangriff eines jungen Fanatikers endete, hat rein gar nichts zu tun mit der Geschichtsdebatte. Es ist Unsinn, wenn Donald Trump behauptet, manche Leute seien allein wegen des Gedenkens an ihre Altvorderen nach Charlottesville gekommen.

Wer tatsächlich dort war, weiß die Fakten sehr genau von Trump'schen Märchen zu unterscheiden. Zum Schutz der Rechtsradikalen ist, um nur ein Beispiel zu nennen, eine Miliz mit Sturmgewehren aufmarschiert. Eine gezielte Provokation, was sonst? Ein Fackelzug, am Vorabend der schließlich abgebrochenen Kundgebung, ließ an das Deutschland der 1930er-Jahre denken. Richard Spencer, der Anführer der Alt-Right-Bewegung, gibt gern den Gelehrten der Rechten. Vor Reportern in Charlottesville ließ er die Maske fallen: Der Mann ist schlicht ein Neonazi, angetrieben von tiefem Hass auf die Juden.

Ja, auch linke Demonstranten haben zu Knüppeln, Zaunlatten und Pfefferspray gegriffen. Zweifellos ist das ein Problem, zumal Aktivisten, die sich solcher Mittel bedienen, offensichtlich vergessen, wie die Bürgerrechtsbewegung mit strikt gewaltlosem Widerstand ans Ziel kam. Aber die Nazis mit ihren linken Gegnern auf eine moralische Stufe zu stellen, wie Trump es tut, das ist haarsträubend.

Staatsmännische Worte hielten nur kurz

Warum also bringt es der Präsident nicht fertig, klar auf Distanz zum rechten Sumpf zu gehen? Am Montag hat er es ausnahmsweise getan, auf Anraten weitsichtigerer Berater, die ihn massiv zu staatsmännischen Worten drängten. Tags darauf war er wieder der alte Trump, der Demagoge, der nichts dabei findet, mit ultrarechten Gedanken zu flirten. "Make America Great Again": In den Ohren eines Richard Spencer klingt seine Wahlkampfparole, als ginge es darum, das alte, das weiße, das nostalgisch verklärte Amerika wieder groß zu machen. Es zurückzuholen. Trump hat dem nie widersprochen.

Er hat rassistische Ressentiments geschürt, als er ohne jegliche Faktengrundlage anzweifelte, dass Barack Obama auf amerikanischem Boden geboren wurde. Mit Steve Bannon kürte er einen Rechtspopulisten zum Chefstrategen, der das Onlineportal "Breitbart News", das er bis 2016 verantwortete, ungeniert als Plattform der Alt-Right bezeichnete. Mit latent fremdenfeindlicher Polemik bewegte sich der Kandidat Trump nicht selten im gedanklichen Korridor Spencers. Den Präsidenten Trump stört es nicht, dass die zerfaserte Rechte durch seinen Wahlsieg Aufwind spürt. Ein Problem scheint er darin noch immer nicht erkennen zu können. (Frank Herrmann, 17.8.2017)