Vor zwei Jahren wurde das Bundesheer – hier in Spielfeld-Straß – schon einmal zur Unterstützung der Polizei mobilisiert. Nun marschiert man wieder. Warum, ist nicht ganz klar.

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Wien/Innsbruck/Salzburg – Es klingt bedrohlich, was die Landespolizeidirektion Burgenland in einer Aussendung bekanntgibt: "Vermehrt größere Gruppen von illegalen Migranten" seien aufgegriffen worden, daher würde man jetzt gemeinsam mit Soldaten des Bundesheeres den Grenzraum kontrollieren. Nicht nur im Osten stapft die Armee: Seit Donnerstag unterstützen in Tirol 70 Soldaten die Exekutive bei der sogenannten Schleierfahndung und bei Kontrollen im Hinterland.

Steht also die nächste große Migrationsbewegung an? Nein, heißt es im Innenministerium, die Zahl der Aufgriffe von Menschen, die illegal eingereist sind, bleibe mit etwa 100 pro Tag stabil. Allerdings vermerke man, das verstärkt größere Gruppen über bisher weniger genutzte Wege ins Land kommen, sagt Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck.

Brennerroute und Reschenpass im Fokus

In Tirol sei dies derzeit, so Manfred Dummer vom Landespolizeikommando, entlang der Brennerroute sowie am Reschenpass der Fall. Man verzeichne in Tirol pro Woche rund 200 Aufgriffe illegal Eingereister. Vor allem auf Güterzügen und in internationalen Reisebussen sei eine Zunahme festzustellen, sagt Dummer. Im Juli versuchten 49 Personen auf Güterzügen die Grenze zu überqueren, was im Vergleich zu den Vormonaten eine Verdreifachung bedeutet habe.

Doch insgesamt seien die Zahlen stark rückläufig. Im Jahr 2017 wurden in Tirol bis zum Stichtag 13. August – inklusive Rückübernahmen aus Deutschland – 4634 Aufgriffe illegal Eingereister verzeichnet. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 8150 Personen.

Die Tiroler Polizei hat ihr im Grenzeinsatz befindliches Personal indes ebenfalls auf 100 Beamte aufgestockt. Zusammen mit den Soldaten sind bis Ende September 171 Schwerpunktkontrollen im Bundesland geplant. "Dabei wollen wir herausfinden, wie es tatsächlich mit der illegalen Migration aussieht", erklärt Dummer die Vorgangsweise. Im Oktober werde man die Ergebnisse dann evaluieren und über weitere Maßnahmen entscheiden.

"Froh über Unterstützung"

Die Frage, ob es sich angesichts der terminlichen Überschneidung beim Assistenzeinsatz nicht eher um Wahlkampfgeplänkel handle, verneint der Oberstleutnant: "Das wurde im Ministerium entschieden. Wir sind froh über die personelle Unterstützung." Die Soldaten werden zum Teil zusammen mit Polizisten, aber auch alleine Kontrollen durchführen.

Im ÖVP-geführten Innenministerium spricht man hinter vorgehaltener Hand dagegen sehr wohl von wahlkampftaktischen Gründen. Man habe aus Quellen im roten Verteidigungsressort erfahren, dass Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) vorpreschen wolle. Daher sei Innenminister Wolfgang Sobotka aktiv geworden. Den Sinn des Assistenzeinsatzes bezweifelt man mancherorts. Schließlich gehe es um kriminelle Strukturen im Bereich der Schlepperei, für deren Aufklärung es ohnehin der Kriminalbeamten bedarf.

Eigener Ministerratsbeschluss steht bevor

Die unterschiedlichen Auffassungen erkennt man auch an einem anderen Detail: Doskozil will für den Assistenzeinsatz in Tirol einen eigenen Ministerratsbeschluss – der Innenminister ging eigentlich davon aus, dass die Ministerratsentscheidung aus dem Jahr 2015, die auch die Aktion im Burgenland umfasst, ausreichend sei. Per Umlaufbeschluss soll dennoch in den nächsten Tagen eine entsprechende Entscheidung gefasst werden.

Aus dem Verteidigungsministerium waren in vier Stunden keine Zahlen in Bezug auf die aktuelle Personalstärke des Assistenzeinsatzes und die dadurch verursachten Mehrkosten zu erhalten.

Bayern will weiter kontrollieren

Beobachtet wird der Einsatz jedenfalls auch in Deutschland. Bayerns Innenminister Joachim Hermann begrüße ihn, wie er am Donnerstag am Grenzübergang Walserberg sagte. Gleichzeitig forderte der CSU-Politiker, die Kontrollen an der Grenze zu Österreich beizubehalten. Der Schutz der EU-Außengrenzen sei noch immer unzureichend. Die EU-Kommission dringt dagegen darauf, die Binnengrenzkontrollen im November auslaufen zu lassen.

An drei Autobahnkontrollpunkten zwischen Bayern und Österreich habe die Polizei von Januar bis Juli mehr als 2100 illegal eingereiste und 6207 polizeilich gesuchte Personen aufgegriffen. Zudem seien 165 Schleuser festgenommen worden. Seit Dezember 2016 wird die Bundespolizei bei den Kontrollen von der Landespolizei unterstützt.

Neben den Autobahnen müsse auch der Zugverkehr besser kontrolliert werden, forderte Herrmann. Als Negativbeispiel nannte er dreißig Flüchtlinge, die bei Rosenheim auf einem Güterzug mitreisend aufgegriffen wurden. Es sei nicht akzeptabel, dass sie unentdeckt durch zwei Länder reisen konnten. (Steffen Arora, Michael Möseneder Stefanie Ruep, 18.8.2017)