Entlockte seiner alten Gibson Les Paul mit kleinsten Fingerbewegungen gewaltige Soundflächen: Daniel Lanois im Wiener Porgy & Bess.

Foto: Herbert Höpfl

Wien – Wenn eine Pedal Steel auf der Bühne steht, verheißt das üblicherweise Countryklänge. Nicht so bei Daniel Lanois. Der kanadische Musiker und Erfolgsproduzent hat mit dem komplexen, vielsaitigen Instrument zuletzt ein ganzes Instrumentalalbum eingespielt. Statt Countryschmelz gab es auf Goodbye To Language allerdings Verfeinerungen jenes breitwandigen Ambientsounds zu hören, der Lanois Klienten von Bob Dylan, Willie Nelson und Emmylou Harris bis zu U2 und Robbie Robertson beschert hat.

Hymnische Sounds

Auch bei seinem Konzert im Wiener Porgy & Bess setzte sich Lanois zunächst einmal alleine an die Steelgitarre, entlockte ihr hymnische Sounds, bevor sich zwei Begleiter an Bass und Drums einklinkten, um tüchtig Druck aufzubauen. Als der Song bereit zu bersten ist, wechselt Lanois zur Gitarre und macht sich zusammen mit Bassist Jim Wilson auf den Weg zum Mikrofon. Der Opener entpuppt sich als Ring The Alarm, ein Song des Projekts Black Dub, mit dem Lanois bereits vor einigen Jahren im Porgy hätte gastieren sollen, wäre nicht ein Motorradunfall dazwischengekommen.

Mit Rauschebart, Wollmütze und Ledermantel wirkt auch Wilson, als sei er einer Motorradbandenversion von The Matrix entstiegen. Sein Harmoniegesang bei Stücken wie dem heftig akklamierten The Maker schmiegt sich indessen perfekt an den ätherischen, wie zwischen Wolken hängenden Gesang von Lanois, erhöht die Eindringlichkeit der Melodien.

Dazwischen breitet Lanois bei Instrumentalstücken, für die er sich an altertümlich wirkenden Analogsynthesizern zu schaffen macht, eine erfreulich individuelle Spielart von Ambient Music aus. Musikalische Spuren der Native Americans finden sich darin ebenso wie sprotzelnde Bass linien. Der junge Drummer Kyle Crane läuft in diesen Passagen zur Höchstform auf.

Nicht notierbare Expressivität

Greift Lanois in die Saiten, genügen ihm die seichtesten Fingerbewegungen, um den Eindruck von fallenden Regentropfen oder einstürzenden Häusern zu wecken. Lanois teilt sich diese Form gitarristischer Expressivität, die sich nicht auf Notenpapier bannen lässt, mit einem Landsmann, den er bereits produziert hat: Neil Young.

Als dem begeisterten Publikum eine Zugabe nicht genügt, holt Lanois einen Song von seinem schon fast 30 Jahre zurückliegenden Solodebüt hervor: Still Water. Ein perfekt gesetztes Schlussstück, das ihn auch als Songwriter als Meister kleiner Gesten mit großer Wirkung ausweist. (Karl Gedlicka, 18.8.2017)