Bild nicht mehr verfügbar.

Franz West (1947-2012) in seinem "Wohnatelier" in der Annagasse im Mai 2006.

Foto: Didi Sattmann / Imagno / picturedesk

Seitens der Erben werden bis heute Zweifel lanciert, ob Franz Wests "Geschäftsfähigkeit" zum Zeitpunkt der Stiftungsgründung "noch uneingeschränkt gegeben war", wie es Christoph Kerres, Anwalt des Nachlasses, auf der Kanzleiwebsite formuliert (zuletzt abgerufen am 15.8.2017).

Foto: screenshot / der Standard

Am 25. Juli jährte sich der Todestag von Franz West zum fünften Mal. Der Streit um seinen Nachlass läuft indes weiter. Ende Juni und Anfang August folgten weitere (derzeit nicht rechtskräftige) Urteile. Die Geschichte dazu nahm vor Jahren auf beruflicher und auch privater Ebene ihren Ausgang.

Zu den Akteuren gehören das als Verein geführte Archiv Franz West, die fünf Tage vor seinem Tod vom Künstler gegründete Franz-West-Privatstiftung sowie die Hinterbliebenen. Im Wesentlichen geht es um Verwertungs- und Werknutzungsrechte, auch um Tantiemen aus der Produktion posthumer Möbelobjekte sowie um 270 Kunstwerke, deren kolportierter Wert bei 50 Millionen Euro liegen soll.

Dass West die Erhaltung, die wissenschaftliche Betreuung und weitere Verbreitung seines künstlerischen Lebenswerkes explizit Professionisten und nicht seiner Familie überlassen wollte, gilt als erwiesen. Die Zusammenarbeit mit dem Archiv verlief jedoch nicht immer friktionsfrei. Etwa wenn es um die Authentifizierung früher Arbeiten ging, soll es öfters Unstimmigkeiten gegeben haben. In der Gründung der Stiftung, in deren Vorstand er langjährige Mitarbeiter berief, wähnte der Künstler wohl auch dieses Problem als gelöst. Tatsächlich schuf es neue.

Zweifel an Geschäftsfähigkeit

Denn West übertrug die Werknutzungsrechte zu Lebzeiten zweifach: 1999 an den Verein und erst wirksam mit seinen Tod und 2012 an die Stiftung ohne solch aufschiebende Bedingung. Nach Wests Tod gab es theoretisch keine Rechte mehr, die auf das Archiv Franz West hätten übergehen können. Der Oberste Gerichtshof (OGH) sah das anders. Anfang Mai 2016 wurde die Vermögensübertragung im Zuge der Stiftungsgründung für unwirksam erklärt, da es einer sogenannten "Annahmebestätigung" bedurft hätte.

Ein Urteil mit weitreichenden Folgen. Es übertrug dem Archiv rückwirkend sämtliche Bildrechte sowie Rechte an der posthumen Produktion von Möbelobjekten und entzog damit zeitgleich der Stiftung die Grundlage ihres Gründungszweckes. Mittlerweile sind diese beiden Parteien auf einem guten Weg und dürften künftig kooperieren. Das OGH-Urteil spielt aber auch an der "privaten" Front eine Rolle.

Bei Wests Erben handelte es sich um die um 24 Jahre jüngere Witwe Tamuna Sirbiladze und zwei Kinder, die 2008 und 2009 aus der Ehe hervorgingen – ein Sohn und eine Tochter, die West als seine anerkannte. Tatsächlich stammen sie aus Sirbiladzes Verhältnis mit Benedikt Ledebur, einem Freund von Franz West. Im März 2016 erlag die georgisch-österreichischen Künstlerin einer Krebserkrankung.

Zwischenzeitlich adoptierte Ledebur seine Kinder, fungiert als deren Nachlassverwalter und kämpft vor Gericht: sowohl gegen die Stiftung als auch gegen den Verein. Da wie dort hatte West übrigens seine Familie als Begünstigte eingesetzt. Dass von dieser Seite immer wieder Zweifel an Wests Geschäftsfähigkeit lanciert werden, sei erwähnt. Von Belang scheint es aber nur für die Stiftungsgründung, nicht aber für die am gleichen Tag an Tamuna Sirbiladze bzw. die Kinder überschriebenen Eigentumswohnungen. Mit Verweis auf das Fehlen einer Annahmebestätigung sprach das Landesgericht den Erben Ende Juni jene 270 Kunstwerke zu, die der Künstler der Stiftung für den internationalen Leihverkehr überlassen hatte. Das an Formalismen orientierte Urteil kehrt de facto Wests letzten Willen um. Ob hinter den Kulissen Verhandlungen laufen? Auf Anfrage verweisen die Anwälte beider Parteien auf ein Stillschweigeabkommen. Die Stiftung könnte Rechtsmittel einlegen, die Frist endet kommende Woche.

Urteil zugunsten des Archivs

Mittlerweile liegt ein weiteres (nicht rechtskräftiges) Urteil in einem anderen Verfahren vor. Konkret hatte die Verlassenschaft den vom Künstler mit dem Verein einst geschlossenen Lizenzvertrag gekündigt. Wegen Untätigkeit, erklärt Christoph Kerrens namens der Erben. Dabei geht es um die posthume Möbelproduktion, die ja bis zu dem OGH-Urteil 2016 über die Stiftung lief.

Faktisch wollte man zuerst die Rechtesituation klären, betont Peter Polak (Fiebinger Polak & Partner) als Rechtsanwalt des Archivs Franz West. Denn dass Möbel aus zwei Produktionsquellen in den Markt gelangen, sei nicht im Interesse Wests gewesen. Laut Polak geht es aber auch um Tantiemen, die den Erben zufolge nicht marktkonform wären. Zwei Gutachten widerlegen diese Theorie. Anfang August erklärte das Gericht die Kündigung für unwirksam: Denn die Tatsache, dass Rechtsnachfolger mit den Konditionen des einst von Franz West selbst vereinbarten Vertrags nicht glücklich sind, rechtfertigt weder dessen Beendigung noch eine Anpassung. (Olga Kronsteiner, 19.8.2017)