Wien – Die US-Raumfahrtbehörde Nasa bemüht sich um eine genauere Überwachung der Luftqualität durch Satelliten. Damit besser vor Ozon oder Stickoxiden gewarnt werden kann, starteten US-Forscher eine Reihe von Messflügen, um die vertikale Verteilung der Schadstoffe in der Atmosphäre zu untersuchen. Wissenschafter vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Uni Innsbruck waren als Teil der einzigen europäischen Gruppe am Projekt beteiligt. Das Tiroler Hightechunternehmen Ionicon lieferte das Messinstrument: ein spezielles Spektrometer, das die Zusammensetzung organischer Spurenstoffe in der Atmosphäre schnell analysiert.

Das Projekt mit dem prestigeträchtigen Nasa-Konnex ist ein Beispiel für eine fruchtbare Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft in Österreich. An resultierenden Publikationen hatten sowohl Angehörige von der Uni Innsbruck als auch von Ionicon Anteil. Eine Studie des Zentrums für Soziale Innovation (ZSI) in Wien hat nun im Auftrag des Wirtschaftsministeriums das Vorkommen derartiger Kopublikationen in Österreich in den Fokus gerückt. Untersucht wurde der Zeitraum von 2009 bis 2014.

Große Datenbank

Als Ausgangspunkt für die Analyse von Klaus Schuch, Dietmar Lampert und Kollegen vom ZSI dienten die großen Publikationsdatenbanken Scopus des Fachverlags Elsevier und Web of Science des Medienkonzerns Thomson Reuters. "Wir sind die Ersten, die ein Verfahren entwickelt haben, das beide Datenquellen verbindet. Das führt nicht nur zu einem vollständigeren Bild der Publikationstätigkeit, sondern verbessert auch die Datenqualität", erklärt Studienleiter Lampert. Die zigtausenden auf diese Art ausgelesenen Datensätze wurden teils mit eigens geschriebenen Algorithmen, teils per Hand in Form gebracht. "Die Datenbereinigung war ein gewaltiger Aufwand", betont der wissenschaftliche Leiter des ZSI, Klaus Schuch. "Es ist die erste Studie dieser Art in Österreich."

Insgesamt gab es in den sechs untersuchten Jahren einen kontinuierlich steigenden Gesamt-Output an wissenschaftlichen Publikationen aus Österreich. Die Anzahl stieg von 23.611 im Jahr 2009 auf 28.314 im Jahr 2014. Auch die Anzahl der Kopublikationen stieg an: von 300 bzw. 1,2 Prozent der Gesamtpublikationen auf 420, was etwa 1,5 Prozent entspricht.

Internationales Niveau

Auffällig dabei ist ein starker Zugewinn in den ersten beiden Jahren, während die Zahl der gemeinsamen Publikationen ab 2011 tendenziell stagniert – was auch dem EU-Durchschnitt entspricht. Für Schuch könnte sich dieser Umstand durch eine Sättigung erklären, die Österreich nach dem Aufschließen an internationales Niveau erreicht hat.

Zu den am häufigsten in Kopublikationen involvierten Forschungseinrichtungen gehören die TU Wien und die TU Graz. Im kooperativen Bereich, also Forschungseinrichtungen, die gemeinsam von Universitäten und Wirtschaftspartnern betrieben werden, stechen die Christian-Doppler-Gesellschaft, das steirische Joanneum Research oder das im Comet-Programm von Verkehrs- und Wirtschaftsministerium geförderte Materials Center Leoben hervor. Auf Unternehmensseite stehen Infineon, Siemens, Voest, aber auch Spezialisten wie das erwähnte Ionicon im Vordergrund. Schuch: "Man muss den großen Unternehmen zugestehen, dass sie nicht nur wirtschaftlichen, sondern auch wissenschaftlichen Output liefern."

Den internationalen Vergleich der Kooperationstätigkeit ermöglicht das European Innovation Scoreboard (EIS) der EU-Kommission. Dort wird Österreich, das etwa gleichauf mit Deutschland liegt, eine "relative Stärke" attestiert. Dennoch liegt das Land weit hinter Dänemark, Schweden oder der Schweiz. "Hier ist Österreich nicht im Spitzenfeld, aber an der Spitze des Verfolgerfelds", sagt Schuch. Die Gründe sieht er in relativ geringen Mitteln für Grundlagenforschung, aber auch in der Wirtschaftsstruktur: "Wir haben wenige multinationale Konzerne, die ganz oben in der Zulieferkette agieren."

Anwendungsforschung

Kopublikationen finden in Österreich vor allem in der anwendungsorientierten Forschung statt, gefolgt von Naturwissenschaften und Medizin. "Das Land investiert sehr intensiv in diesen Bereich. Das merkt man, obwohl das Verhältnis von Input und Output verbesserungswürdig wäre", erklärt Schuch. Besonders interessant sei, dass bei Kooperationen über Österreichs Grenzen hinaus der Überhang an Anwendungsforschung nicht mehr vorhanden ist. Hier rücken die Health Sciences, etwa mit der Med-Uni Wien als Kooperationspartner, in den Vordergrund. Internationale Kooperationen erfolgen am häufigsten mit den deutschsprachigen Nachbarländern.

Kritik üben die Studienautoren neben der relativ geringen Unterstützung für Grundlagenforschung auch an der Dotierung und Ausstattung der Universitäten. "Der größte Wissenstransfer zwischen Unis und Wirtschaft findet über die Absolventen statt", betont Schuch. "Bei der universitären Ausbildung gibt es durchaus noch Luft nach oben." (Alois Pumhösel, 22.8.2017)