Die Sturm-Elf schließt sich nach getaner Arbeit in Hütteldorf mit dem mitgereisten Anhang kurz.

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Wien – Es war gewiss nicht als Verhöhnung Rapids gedacht, als Sturms Trainer Franco Foda nach dem völlig verdienten 2:1-Sieg in Hütteldorf sagte: "Wir haben noch nichts erreicht, müssen bodenständig und demütig bleiben." Der Fußball sei ein Tages- und Wochengeschäft, es gehe alles sehr schnell. Das Grazer Nichts sind 15 Zähler aus fünf Ligapartien, mehr ist denkunmöglich. Alle Spiele wurden mit einem Tor Unterschied gewonnen, laut Foda habe das nichts zu bedeuten, es müsse ja nicht alles interpretiert werden. "Ein Schlüssel ist sicher unsere Kompaktheit,"

Rapid hat fünf Punkte anzubieten. Weniger ist natürlich denkmöglich. Die Leistung am Samstagnachmittag war grenzwertig, das ist momentan die einzig verlässliche Konstante. Kapitän Stefan Schwab, dessen Unform beachtlich ist, schaute wieder ziemlich ratlos drein, sagte: "Eigentlich wollten wir eine Heimmacht werden, jetzt haben wir aus drei Heimspielen zwei Punkte geholt, da verliert man Selbstvertrauen." Und Louis Schaub sprach davon, dass man sich das Leben selbst schwer mache. "Das ist zu wenig." Mit der jenseitigen Vorsaison wolle er aber die Lage nicht vergleichen, Rapid sei kein Fall vom freien Fall. "Spielerisch ist es schon besser." Die Ansprüche scheinen auf ein Minimum gesunken zu sein.

Eine weitere Konstante sind schon auch die Fans vom Block West. Diesmal haben sie weder Bierbecher noch Fahnenstangen oder Gebisse aufs Feld geworfen. Sie haben dafür ein riesiges Transparent gebastelt und es hergezeigt. Darauf stand geschrieben: "Die wahren Verbrecher hier seid ihr – Journalisten Terroristen." Das ist natürlich ziemlich doof und geschmacklos gewesen, immerhin sind sie nun auf einer Stufe mit Trump und Erdogan. Ob sie das wirklich wollten, konnte bis Blattschluss nicht geklärt werden. Mögliche Interpretation: Sie haben die Terroranschläge von Barcelona einfach nicht mitbekommen, weil sie währenddessen schneidern und schreiben mussten. Wirtschaftsvorstand Christoph Peschek distanzierte sich: "Das wurde von uns nicht genehmigt, muss und wird besprochen werden. Natürlich ist die Wortwahl gerade zwei Tage nach dem Drama in Barcelona deplatziert." Der Mann traut sich was.

Friedliche Konkurrenz

Thorsten Röcher (26) ist von Mattersburg zu Sturm Graz, in eine neue Welt, gewechselt. Der linke Flügel sorgte für eine 90-minütige Depression bei Gegenspieler Mario Pavelic, köpfelte das zweite Tor. Das Erfolgsrezept? "Alle sind bodenständig und selbstbewusst, jeder ist für jeden da, wir arbeiten gut gegen den Ball." Peter Zulj (24) kam vom Absteiger Ried, er rackerte im Mittelfeld, findet die Situation "geil. Die Neuen wurden sofort integriert und akzeptiert, wir haben einen positiven Konkurrenzkampf."

Rapids Trainer Goran Djuricin hat den Scherben auf. Er vermochte in der Analyse nicht voll zu überzeugen, sagte, man dürfe nicht "zu viele Emotionen reinschmeißen" und alles hinterfragen. "Wir haben nicht 0:5 verloren. Ich habe Hoffnung, sonst würde ich nicht hier sitzen." Für das haarsträubende Zweikampfverhalten (Sturm gewann 59 Prozent) hatte er keine Erklärung. "In der Offensive ist es schwierig, wenn 40 Beine dazwischen sind." Wie er auf die Zahl kam, ist unklar, elf Sturm-Kicker haben 22.

Die beiden wohl besten Beine von Rapid werden bald Geschichte sein. Innenverteidiger Maximilian Wöber wird zu Ajax Amsterdam wechseln. Gegen Sturm hat er sein letztes Cut in Hütteldorf erlitten, es musste im Spital genäht werden. Sportvorstand Fredy Bickel schließt einen Verbleib des 19-Jährigen praktisch aus. "Die Hoffnung ist an einem kleinen Ort." Ajax hat Davinson Sanchez um rund 40 Millionen Euro an Tottenham verscherbelt, die Kassa gefüllt. Um Wöber wird seit Monaten gebuhlt, ein Angebot über fünf Millionen war Rapid zu niedrig. Bickel: "In diesem kranken Geschäft geht es nur mehr um Schmerzgrenzen." Wöber könnte einen neuen Vereinsrekord aufstellen, acht Millionen sollten es sein. Die werden natürlich sofort reinvestiert. In zwei bis drei neue Spieler (Felix Luckeneder vom LASK? Ngamaleu von Altach?) "Wir brauchen frisches Blut."

Bickel spricht Djuricin übrigens nicht das Vertrauen aus, "denn dann hätten wir eine Trainerdiskussion, die es nicht gibt". Sturm empfängt am Sonntag Meister Red Bull Salzburg, Rapid am Tag davor den LASK. Röcher sagte: "Auf dem Platz entscheiden Menschen, nicht das Geld." Djuricin und Foda sagten: "Fußball ist ein Wochengeschäft." (Christian Hackl, 20.8. 2017)