"Baukultur verständlich machen" lautet eine von 20 neuen "Baukulturellen Leitlinien".

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Wien – Der Bund will künftig in Sachen Baukultur aktiver mitreden. Der Ministerrat hat zu diesem Zweck am heutigen Dienstag neue "Baukulturelle Leitlinien des Bundes" beschlossen. Man wolle damit ein "klares Signal für die Bedeutung der Baukultur in Österreich" setzen, heißt es dazu in einer Pressemitteilung von Kulturminister Thomas Drozda.

Rund 150 Expertinnen und Experten hatten sich im Vorfeld an einem Diskussionsprozess beteiligt, in den auch Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen eingebunden waren.

20 Leitlinien in sechs Handlungsfeldern

Der seit 2009 existierende "Baukulturbeirat" hat nun insgesamt 20 Leitlinien (vollständige Liste siehe unten) in folgenden sechs Handlungsfeldern festgelegt: "Orts-, Stadt- und Landschaftsentwicklung", "Bauen, Erneuern und Betreiben", "Prozesse und Verfahren", "Bewusstseinsbildung und Beteiligung", "Wissenschaft und Kompetenzvermittlung" sowie "Lenkung, Kooperation und Koordination".

"Innenentwicklung vor Außenentwicklung" soll etwa bei Leitlinie 1 ("Orts- und Stadtkerne stärken") maßgebliches Prinzip sein, der Bund bei eigenen Projekten eine Vorbildrolle einnehmen. Bei der Leitlinie 2, "Flächen sparsam und qualitätsvoll entwickeln", wird die Schaffung "klarer Rahmenbedingungen für die Anwendung der Vertragsraumordnung auf Ebene der Länder" festgeschrieben.

Harmonisierung von Landesgesetzen

Leitlinie 6 befasst sich mit der Baugesetzgebung. "Der Bund forciert in Kooperation mit den Ländern den Prozess der Anpassung, Vereinfachung und Harmonisierung von baurelevanten Bundes- und Landesgesetzen, Richtlinien, Standards und Normen", heißt es darin wörtlich.

Weitere Leitlinien schreiben etwa fest, dass Architekturwettbewerbe "verstärkt eingesetzt" werden sollen (Leitlinie 10), und dass Planungs- und Gestaltungsbeiräte "implementiert und gestärkt" werden sollen (Leitlinie 11).

Beim Handlungsfeld "Bewusstseinsbildung und Beteiligung" zählen Bildungsangebote zu den vorgeschlagenen Maßnahmen, etwa im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft 2018 (Leitlinie 13). Außerdem soll es ein Impulsprogramm geben, um Verantwortliche der öffentlichen Hand besser zu qualifizieren (Leitlinie 16).

Weiteres will der Bund prüfen, wie bei der Vergabe öffentlicher Mittel finanzpolitische und steuerrechtliche Vorgaben qualitätsvolles Bauen unterstützen können (Leitlinie 18), und "etwa durch steuerrechtliche Hebel, bodenpolitische Entscheidungen und die verantwortungsvolle Entwicklung eigener Immobilien" Impulse für einen "zukunftsfähigen Wohnbau" setzen (Leitlinie 19).

"Gesamtstrategie"

Mit den Leitlinien liege "erstmals eine Gesamtstrategie vor, die Baukultur als ressortübergreifende Querschnittsmaterie auf Ebene des Bundes, der Länder und der Gemeinden verankert", so Drozda nach dem Ministerrat. Die Umsetzung der einzelnen Vorhaben werde durch ein Baukultur-Monitoring des Beirats für Baukultur unter dem Vorsitz von Christian Kühn begleitet, das die Aufgabe hat, Fortschritte zu beobachten und Erfolgsbeispiele zu vermitteln.

Schließlich sollen die Baukulturellen Leitlinien in weiterer Folge "zu legistischen Initiativen im Parlament führen". (red, 22.8.2017)

Im Überblick: Die 20 Leitlinien

  • Orts-, Stadt- und Landschaftsentwicklung

Leitlinie 1: Orts- und Stadtkerne stärken

Leitlinie 2: Flächen sparsam und qualitätsvoll entwickeln

Leitlinie 3: Auf baukulturelle Qualität technischer Infrastruktur achten

Leitlinie 4: Hochwertige öffentliche Räume fördern

  • Bauen, Erneuern und Betreiben

Leitlinie 5: Nachhaltigkeitsprinzip anwenden und weiterentwickeln

Leitlinie 6: Bauregelwerke an baukulturelle Erfordernisse anpassen, vereinfachen und harmonisieren

Leitlinie 7: Baukulturelles Erbe sorgsam pflegen und zeitgenössisch weiterentwickeln

Leitlinie 8: Prinzipien der Barrierefreiheit, der Diversität und der Inklusion berücksichtigen

  • Prozesse und Verfahren

Leitlinie 9: Umfassende und dokumentierte Projektvorbereitung als Standard etablieren

Leitlinie 10: Architekturwettbewerbe verstärkt einsetzen

Leitlinie 11: Planungs- und Gestaltungsbeiräte implementieren und stärken

Leitlinie 12: Planung und Ausführung getrennt vergeben

  • Bewusstseinsbildung und Beteiligung

Leitlinie 13: Baukultur verständlich machen

Leitlinie 14: Praxis der Beteiligung ausbauen

  • Wissenschaft und Kompetenzvermittlung

Leitlinie 15: Baukulturelle Forschung auf nationaler und internationaler Ebene verankern

Leitlinie 16: Verantwortliche der öffentlichen Hand qualifizieren und vorhandenes Wissen besser vernetzen

  • Lenkung, Kooperation und Koordination

Leitlinie 17: Baukulturell relevante Lenkungsinstrumente ausbauen

Leitlinie 18: Öffentliche Mittel für das Bauen und Erneuern an Qualitätskriterien binden

Leitlinie 19: Impulse für einen zukunftsfähigen Wohnbau setzen

Leitlinie 20: Baukultur kooperativ umsetzen