Andreas Mölzer, hier 2016 bei Feierlichkeiten zum 60. Geburtstag der FPÖ, kommt zweimal in der Liste vor. Er trat unter Druck zurück.

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Wien – Zuletzt war es die Aufregung um Aussagen des FPÖ-Parlamentariers Johannes Hübner, der auf die angebliche jüdische Abstammung des Verfassungsjuristen Hans Kelsen anspielte. FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache, der sich gerade vor der Nationalratswahl besonnen und staatsmännisch gibt, muss sich trotzdem immer wieder mit Ausritten seiner Funktionäre herumschlagen. "Immer wieder" ist eine vage Zeiteinheit. Das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) publiziert nun nüchterne Zahlen zu Vorfällen in der FPÖ innerhalb der letzten vier Jahre in der Broschüre "Die FPÖ und der Rechtsextremismus: Lauter Einzelfälle?".

Von Antisemitismus bis Hetze gegen Flüchtlinge

Es geht im Detail um Antisemitismus, Rassismus, NS-Wiederbetätigung sowie um Hetze gegen Flüchtlinge oder Muslime in sozialen Medien. Viele der Fälle wurden bereits strafrechtlich verfolgt und verurteilt. Auch Teilnahmen an einschlägigen Veranstaltungen wurden dokumentiert. So marschierte der Grazer FPÖ-Stadtrat Mario Eustacchio im November 2015 mit den Identitären in Spielfeld mit, 2016 war dann der Dritte Landtagspräsident der Steiermark, Gerhard Kurzmann, auf einer flüchtlingsfeindlichen Demo des rechtsextremen Vereins in Graz.

Die dokumentierten Ausreißer ins rechte Eck innerhalb der FPÖ spielen sich dabei weder nur auf hohen oder niedrigen Funktionärsebenen ab, noch sind sie auf einzelne Bundesländer begrenzt. Überall kam es auch zu Rücktritten, dem Rückzug von Kandidaturen oder zu Parteiausschlüssen.

Promis und Fußvolk

Zu den prominenteren Fällen, die seit 2013 bekannt wurden, zählt gleich zweimal Andreas Mölzer, langjähriger Herausgeber der FPÖ-nahen Publikation "Zur Zeit" und ehemaliger EU-Parlamentarier. 2014 sorgte er erst mit dem Sager über die EU, die er als "Negerkonglomerat" bezeichnete (was er später bestritt, habe er doch "nekrophiles Konglomerat" gesagt), und wenige Wochen später mit rassistischen Aussagen über Fußballer David Alaba für Aufregung. Er musste zurücktreten.

Auch im Hohen Haus gab es seit 2013 jede Menge menschenverachtende Aussagen: Mandatar Christian Höbart beschimpfte 2014 Flüchtlinge auf Facebook als "Erd- und Höhlenmenschen", sitzt aber weiter im Nationalrat. Die bereits wegen Verhetzung verurteilte Susanne Winter gefiel 2015 auf Facebook ein antisemitischer Eintrag über "reiche, zionistische Juden". Sie wurde aus der FPÖ ausgeschlossen.

"Es fällt auf", so MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi im STANDARD-Gespräch, "dass die Partei immer erst reagiert, wenn der öffentliche Druck groß wird, davor wird immer abgestritten oder beschwichtigt." So auch beim stellvertretenden Bundesparteiobmann Johann Gudenus, der seine geplante Teilnahme an einem Neonazitreffen in St. Petersburg bestritt, bis die APA sein Schreiben über diese veröffentlichte.

"Erschreckende Geisteshaltungen"

"Niemand soll sagen können: Hätte ich das gewusst!", sagt Mernyi über den Zeitpunkt der Publikation zwei Monate vor der Wahl. Man hätte noch weit mehr Fälle auflisten können, "wir nahmen nur die, die wir zweifelsfrei beweisen können". Abseits der prominenten Parteimitglieder seien aber auch die Geisteshaltungen in der Basis erschreckend. "Fette türkenhochzeit in au an der donau. Wer bringt a autobomberl? (sic!)", fragte etwa ein Ersatzgemeinderat im oberösterreichischen Feldkirchen auf Facebook. Einem Parteifreund gefiel das, beide mussten gehen.

Ein FPÖ-Funktionär aus Kremsmünster beließ es auf einem Volksfest nicht nur beim Reden, er handelte auch. Erst beschimpfte er einen Kebabstandbetreiber rassistisch, dann zertrümmerte er einen Teil des Standes. Seine Mitgliedschaft wurde ruhend gestellt. Wie frühere Beispiele zeigen, muss das noch lange nicht das Ende seiner Politkarriere bedeuten. (Colette M. Schmidt, 22.8.2017)