Experten räumen ein, dass eine Hormontherapie das Brustkrebsrisiko nicht generell erhöht. Lebensalter, Dauer und Dosierung, Gewicht und genetische Faktoren spielen eine wichtigere Rolle.

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Die Wechseljahre, auch Klimakterium genannt, sind nach der Pubertät die zweite hormonbewegte Phase im Leben einer Frau. "Häufig berichten Frauen von Hitzewallungen, Schweißausbrüchen und Schlafstörungen. Noch viel gravierender sind jedoch Depressionen, wiederkehrende Harnwegsinfekte, Muskel- und Gelenkschmerzen und eine insgesamt nachlassende Leistungsfähigkeit", sagt Cornelia Jaursch-Hancke von der DKD Helios Klinik Wiesbaden. Diese Symptome ließen sich oft sehr gut mit einer Hormontherapie behandeln, so die Expertin.

Doch lange hatten viele Frauen Angst vor eine Hormontherapie, weil sie unter Verdacht stand, das Risiko für Brustkrebs, Thrombosen und Schlaganfälle zu erhöhen. Zurückzuführen ist das auf die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2002 der Women's Health Initiative (WHI). Untersucht wurde damals, welche gesundheitlichen Auswirkungen eine Hormontherapie auf die Gesundheit der Frauen habe.

Es nahmen insgesamt 16.000 Frauen teil. Eine Hälfte erhielt eine Hormontherapie, die andere nicht. Nach fünf Jahren wurde die Studie abgebrochen wegen einer erhöhten Rate an Brustkrebs, Thrombosen, Schlaganfall und Herzinfarkten in der Studiengruppe, die Hormone erhalten hatte. "Nicht bedacht wurde bei der Interpretation der Daten, dass das Durchschnittsalter der Frauen in dieser Studie mit 63 Jahren sehr viel höher lag, als bei Frauen im üblichen menopausalen Alter, also um die 50. Zudem waren die Teilnehmerinnen im Durchschnitt fettleibig und hatten Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und erhöhten Blutdruck: Sie waren nicht gesund", betont Jaursch-Hancke. Die bereits früh geäußerte Kritik am Studiendesign und den Ergebnissen ging allerdings unter. Medien griffen die Daten auf und verbreiteten die Botschaft: Hormontherapie in den Wechseljahren sei gefährlich.

Sinnvolle Behandlung vorenthalten

Bei Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen wurden den Frauen daher häufig Psychopharmaka verschrieben. "Anstatt die Ursache, also den Östrogenmangel, auszugleichen, bleibt dabei die Behandlung auf der Symptomebene", so Jaursch-Hancke.

Die Verordnung von Hormonen ging nach Publikation der Studie um 80 Prozent zurück. "Dafür schnellte der Verbrauch von Antidepressiva, Schlafmitteln sowie einer Fülle nicht zugelassener alternativer Substanzen in die Höhe. Millionen von Frauen wurde eine sinnvolle und höchst effektive Behandlung von menopausalen Beschwerden vorenthalten", bedauert Jaursch-Hancke. Neuere Studiendaten aus Dänemark und eine Re-Evaluation der jüngeren Frauen der WHI-Studie im Alter von 50 bis 60 Jahren zeigten nun, dass eine frühe Hormontherapie in der Menopause die Symptome nicht nur effektiv behandelt, sondern sich sogar günstig auf das Herz-Kreislauf-System und die Todesrate auswirkt. Daneben scheint eine alleinige Östrogentherapie, die in der Regel aber nur Frauen erhalten, die keine Gebärmutter mehr haben, das Brustkrebsrisiko zu senken.

Trotz gut belegter neuer Daten sollte diese Therapie jedoch nicht wieder generell jeder Frau angeboten werden, so Jaursch-Hancke. Es müsse beachtet werden, dass viele Frauen auch ohne eine Hormontherapie gut und zufrieden diese Lebensphase erleben dürfen. Zudem könnten manche Frauen bei Wechseljahresbeschwerden auch von alternativen Methoden wie Qigong, Yoga oder Tai-Chi profitieren.

Starke Beschwerden

Wenn der Leidensdruck jedoch hoch ist und die Lebensqualität in Mitleidenschaft gerät, sollten Frauen mit ihrem behandelnden Arzt über eine Hormontherapie sprechen, empfiehlt Jaursch-Hancke. Denn etwa 20 bis 30 Prozent der Frauen haben tatsächlich stark den Tagesablauf beeinträchtigende Beschwerden. "Diesen Frauen können wir jetzt wieder mit gutem Gewissen mit einer Hormontherapie helfen", ergänzt Sven Diederich, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologen (DGE).

Risiken gebe es dennoch, etwa ein gering erhöhtes Thromboserisiko unter der Hormontherapie, das sich aber durch eine geeignete Applikationsform zum Beispiel über die Haut minimieren lasse. Wichtig sei es, mit dem Arzt über die Dauer der Therapie zu sprechen. "Fünf Jahre Hormontherapie ist mit Blick auf mögliche Risiken die richtige Zeitspanne. Wichtig ist auch, dass man diese Therapie dann ausschleicht und die Patientin begleitet. Sonst sind die unangenehmen Beschwerden gleich wieder da, was dann zu einer dauerhaften Fortführung motivieren kann, was wir aber aufgrund der negativeren Datenlage bei längerer Therapie und über 60-jährigen Frauen vermeiden sollten ", erklärt Diederich.

Das Risiko für Brustkrebs habe neben einer erblichen Veranlagung sehr viel mit Übergewicht und Bewegungsmangel zu tun. Darauf sollten Frauen achten und zudem die regelmäßigen Brustkrebsfrüherkennungs-Untersuchungen wahrnehmen. (red, idw, 25.8.2017)