Das Girardihaus in Graz stammt aus dem 16. Jahrhundert.

Foto: Walter Müller

1850 wurde der Volksschauspieler Alexander Girardi hier geboren.

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Zuletzt befand sich in dem Haus ein Studentenbeisl, der Girardikeller.

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Das Gebäude verfällt – und steht unter Denkmalschutz.

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Graz – Es war noch zu Zeiten, als in Graz – wie auch in Wien – am Wochenende um 20 Uhr die Gehsteige hochgeklappt wurden. Nichts los, keine Szenelokale, keine In-Treffs. Tote Hose. In Graz gab es nur einige wenige nächtliche Anlaufstationen, wie zum Beispiel den alten Girardikeller in der Leonhardstraße, in Gehweite zum Uni-Viertel. Dass in diesem Haus am 5. Dezember 1850 der bekannte Wiener Volksschauspieler Alexander Girardi geboren wurde, hat wohl kaum jemanden, der abends hier sein Bier trank, besonders beeindruckt.

An diesem Umstand der relativen Interesselosigkeit an der Person Girardi, der erst später in Wien zu Ruhm kam, hat sich bis heute wenig geändert. Das Geburtshaus in der Leonhardstraße steht nun, nachdem das Studentenbeisl Girardikeller zugesperrt hat, seit rund 15 Jahren leer – und fällt langsam in sich zusammen.

Unter Denkmalschutz

Rund um das denkmalgeschützte, aus dem 16. Jahrhundert stammende Gebäude, hat sich seit der Schließung des Kellerlokals ein groteskes Ringelspiel an Genehmigungen und Bauverboten in Gang gesetzt, eine Behörde agiert gegen die andere, mit dem Effekt, dass nach wie vor keine adäquate Lösung für die Nachnutzung oder Verbauung zustande gekommen ist. Status quo ist, dass das Bundesdenkmalamt das Girardihaus unter Denkmalschutz gestellt hat. Das heißt, es darf nichts angerührt werden.

"Was so auch nicht mehr stimmt", sagt der für die Steiermark zuständige Christian Brugger vom Bundesdenkmalamt. "Wir sind ohnehin schon sehr flexibel geworden, weil wir natürlich eine Lösung suchen. Es gab vor Jahren einen Erweiterungsplan des Eigentümers, den wir von uns aus bewilligt hatten", erzählt Brugger.

"Maximierung der Kubatur"

Aber dem habe wiederum die Grazer Altstadtsachverständigenkommission (ASVK) in ihrer Kompetenz nicht zugestimmt. "Ja, das ist richtig", sagt ASVK-Vorsitzende Gertraud Strempfl-Ledl. Das Projekt habe den Anforderungen der ASVK einfach nicht genügt. Es sei auf eine "Maximierung der Kubatur" hinausgelaufen, was in diesem ehemaligen Vorstadtareal architektonisch nicht so einfach möglich sei.

"Na ja", ergänzt Brugger, es habe andererseits auch weitere Um- und Neuplanungen gegeben mit zum Teil "bombastischen Überbauten", denen die Altstadtkommission zugestimmt hätte. "Aber nach all dem Hin und Her hat der Eigentümer ganz offensichtlich das Handtuch geworfen", sagt Brugger, "jetzt steht das Ganze. Wir waren jedenfalls wesentlich elastischer als andere Mitspieler." Aber auch die Altstadtkommission beteuert, sehr entgegenkommend gewesen zu sein, man habe das Objekt sogar aus der Schutzzone herausgenommen, es also als nicht mehr schützenswert im Altstadtensemble bewertet. Was allerdings den Denkmalschutz nicht tangiert.

Runde Tische brachten nichts

Summa summarum: Es existiert bis dato kein Sanierungsplan. Auch diverse runde Tische mit allen Rathausparteien und dem Bürgermeister brachten bisher nichts ein. Das Haus droht zu verfallen. "Es gibt ja", sagt Brugger, "in Österreich für Eigentümer keine aktive Erhaltenspflicht für Gebäude."

Falsches Erinnerungsobjekt

Für ASVK-Chefin Strempfl-Ledl werde aber ohnehin das falsche Haus als Gedenkstätte Girardis hochstilisiert. Es gebe am Kaiser-Franz-Josef-Kai noch das alte Biedermeiertheater, eine heutige Tanzschule, in der Girardi das erste Mal als Schauspieler aufgetreten sei. Das würde sich als Erinnerungsobjekt anbieten.

Der Eigentümer selbst, ein Unternehmer, hat sich vorerst wieder aus dem Rennen genommen. Er will sich auch nach mehrmaligen Anfragen nicht mehr zur Causa äußern. (Walter Müller, 27.8.2017)