Noch bevor am Mittwoch auf dem Lido von Venedig das älteste Filmfestival der Welt eröffnet wird, ist die Erwartungshaltung für die kommenden elf Tage entsprechend hoch. Bei seiner Auswahl der Wettbewerbsfilme bewies Festivaldirektor Alberto Barbera nämlich wiederholt, dass der Weg zum Erfolg über die richtige Mischung führt. Und so wird Barbera auch heuer einen bunten Strauß aus qualitativem US-Kino und internationalem Autorenkino präsentieren.

Matt Damon und Julianne Moore in der Mystery-Kriminalkomödie "Suburbicon" von George Clooney.
Foto: Paramount Pictures / Hilary Bronwyn Gayle

Vor allem mit seinen Eröffnungsfilmen bewies der charismatische Italiener in den vergangenen Jahren den richtigen Instinkt – mit Birdman, Spotlight und zuletzt dem hochgejubelten La La Land bestritten gleich drei kurze Zeit später oscarprämierte Filme den Auftakt an der Lagune.

Ob Barbera dieser Coup auch heuer gelingen wird, ist mit Alexander Paynes satirischer Komödie Downsizing unwahrscheinlich, doch das Interesse ist dennoch vorauseilend hoch. Matt Damon und Kristen Wiig spielen darin ein Mittelstandspaar, das sich angesichts seines ökologischen Fußabdrucks auf Miniaturgröße schrumpfen lässt. Christoph Waltz und Laura Dern assistieren.

Mit größerer Spannung erwartet wird da schon die neue Arbeit von Darren Aronofsky, die auch ab Mitte September in den heimischen Kinos zu sehen sein wird und die sich schon vorab als mehrfacher Oscaranwärter ins Gespräch gebracht hat: In dem starbesetzten Psychothriller Mother! beziehen Jennifer Lawrence, die ihren Auftritt am Lido angekündigt hat, und Javier Bardem als Ehepaar ein viktorianisches Landhaus, in dem sie unangekündigten Besuch von Michelle Pfeiffer und Ed Harris bekommen.

Paramount Pictures

Vorschusslorbeeren werden aber auch Guillermo Del Toro und seinem im Kalten Krieg spielenden Fantasyfilm The Shape of Water zuteil, in dem sich Sally Hawkins in einen mysteriösen Amphibienmann verliebt. Zwei Arbeiten, die der US-Schauspielerin Annette Bening als Juryvorsitzender ebenso gefallen könnten wie First Reformed, die neue Arbeit von Altmeister Paul Schrader.

Zu messen sein wird der Erfolg Venedigs als Festival aber ohnehin nicht am Sieger, sondern an der am Ende richtigen Durchmischung und vor allem daran, ob das europäische Autorenkino gegenüber dem US-Andrang – zu dem auch noch George Clooneys Kriminalkomödie Suburbicon aus der Feder der Coen-Brothers hinzukommt – ausreichend stark vertreten ist.

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Der britisch-irische Filmemacher Martin McDonagh präsentiert seine bereits im Vorfeld gelobte Tragikomödie Three Billboards Outside Ebbing, Missouri, der für 45 Years mehrfach prämierte Andrew Haigh sein neues Drama Lean on Pete, aus Frankreich kommen Xavier Legrands Jusqu'à la garde und eine neue Arbeit vom vormaligen Cannes-Gewinner Abdellatif Kechiche.

Gebührend Aufmerksamkeit entgegengebracht werden sollte aber auch den anderen Sektionen, in denen sich Namen wie Stephen Frears (Victoria & Abdul), Kitano Takeshi (Outrage Coda), Lucrecia Martel (Zama) oder James Toback (The Private Life of A Modern Woman) finden. Aus Österreich beteiligt sich die Filmemacherin Ruth Mader mit Life Guidance am Geschehen.

Screen International

Über einen Goldenen Löwen noch vor dem 9. September dürfen sich Robert Redford und Jane Fonda freuen: Beide paradeliberalen Hollywoodstars haben sich den diesjährigen Ehrenpreis redlich verdient. (Michael Pekler, 29.8.2017)