Seit Peter Kroiss (li.) wieder im Arbeiter kocht, ist das Wirtshaus von Hannes (Mitte) und Friedl Tschida (re.) richtig gut.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Stroganoff vom Wild kommt mit wolkig duftigen Grießknödeln und einer dunklen, animierenden Sauce.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Ein Wunderwirtshaus, wie es die Dankbarkeit im nahen Podersdorf darstellt, ist der fröhliche Arbeiter in Apetlon nicht. Dafür wurden die alten Arkaden einst zu unbekümmert für vollverglaste Wintergärten geopfert und die Schankstube mit gar greller Energiesparbeleuchtung ausgestattet. Aber der Garten ist lauschig und die Küche braucht sich vor jener in Podersdorf nicht zu verstecken. Wer im Ranking der weltbesten Wirtshausnamen die Nase vorn hat, ist hingegen umstritten.

Der fröhliche Arbeiter bekam seinen, weil er 1924 außerhalb des Ortskerns eröffnet wurde. Den Häuslern war es recht, den Knechten der Esterházy im Meierhof ebenso: Hier konnte man sein Bier trinken, ohne belästigt zu werden. Das ist lange vorbei, seit Jahren ist das Wirtshaus für die Qualität seiner Weinkarte berühmt. Bei der Zusammenstellung soll Heinz Velich zur Seite gestanden sein.

Neuer Co-Küchenchef

Der Apetloner Winzer ist Stammgast, angeblich hatte er auch die Hände im Spiel, als mit Peter Kroiss ein neuer Co-Küchenchef installiert wurde. Der drehte seinen ersten Kochlöffel einst im Arbeiter um, ging dann aber ins Steirereck (als Teil der goldenen Generation um Ressi, Natmessnig und Rachinger), bevor er zum austro-portugiesischen Zweisterner Dieter Koschina und von dort zum niederländischen Großmeister Johnnie Boer in dessen Amsterdamer Zweisternhütte Librije Zusje wechselte. Für jeweils eineinhalb bis zwei Jahre – nicht die Kurzurlaube, mit denen andere ihr Curriculum aufmascherln.

Kroiss ist passionierter Jäger, weshalb sich die Heimkehr in den Schoß der örtlichen Jagdgesellschaft (wo auch die Tschidas beteiligt sind) irgendwann nicht mehr aufschieben ließ. Dass auf der Arbeiter-Speisekarte jetzt schon Krautfleisch vom Wildschwein oder Stroganoff vom Hirschen zu finden sind, und man bald auch mit ersten Hasen, Fasanen, Wildtauben und Enten rechnen wird dürfen, ist also das Verdienst aller drei Herren. Was seit ein paar Monaten aus der Küche des Fröhlichen Arbeiters geschossen kommt, ist aber Kroiss zu verdanken: ungekünstelte Wirtshausküche in einer Qualität, wie man sie im Land kaum noch erwarten darf.

Paradeissalat mit Gurken und Ziegenfrischkäse zur Vorspeise etwa ist ein blattlvoller Teller mit vollreifen Früchten, zartbitteren, knackigen Gurken, bröseligem und doch cremig-fettem Ziegenfrischkäse und einem lauwarmen Dressing von zurückhaltender Kraft, in das gerade so viele schwarze Oliven gemixt wurden, dass alles rund, aber nichts vorschmeckt. Die Fischsuppe ist ein unreformiert pannonisches Kraftkompendium, mit reichlich Fisch und Beuschl, noch mehr Paprika und ein bissl Tarhonya für die Molligkeit: zum Hineinlegen gut – und auch fast so viel.

Kagulano!

Bei den Hauptspeisen überzeugt Kalbsgulasch samt Nockerln mit ideal würzigem, mit Zitronenschale akzentuiertem Saft und ein paar frittierten Kapern als Garnitur: Riesenportion, gutes Fleisch, volles Glück. Aber auch das Cordon bleu (mit Bergkäse und Rohschinken) ist ein Monument seiner Art. Wer es "wie der Velich" bestellt, kriegt noch scharfe Pfefferoni mit eingebacken – will man haben.

Stroganoff vom Wild kommt mit wolkig duftigen Grießknödeln und einer dunklen, animierenden Sauce (siehe Bild). Zander ist saftig und knusprig, Semmelkren dazu an sich kein Fehler – wenn er nur ordentlich Kren abbekommen hätte. So aber kann der zarte Fisch sich gegen die klebrige Rotwein-Balsamico-Reduktion nicht wehren – schade. Hinterher müssen es Powidltascherln sein, genau so locker und doch knusprig bröselig will man die. Vorsicht zum Schluss: Jacobs-Espresso macht sauer. (Severin Corti, RONDO, 1.9.2017)

>> Google-Map: Restaurantkritiken in Wien & Umgebung