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Am 20. September sei "Lostag im Parlament", dann werde man über die politische Zukunft Sobotkas urteilen, sagt Peter Pilz.

Foto: Reuters / Leonhard Foeger

Wien – Einen neuen Schlagabtausch zum Sicherheitspaket lieferten sich am Mittwoch SPÖ und ÖVP: Nachdem der rote Klubchef Andreas Schieder via STANDARD die Verhandlungen endgültig platzen ließ, warf Innenminister Wolfgang Sobotka dem vormaligen Koalitionspartner Gesprächsverweigerung vor. "Nur Nein zu sagen und jedes Angebot unsererseits abzulehnen ist offen gestanden durchschaubar und angesichts der Entwicklungen in Europa auch bedenklich", beklagte sich Sobotka in einer Aussendung.

Währenddessen versucht nun der ehemalige Grüne Peter Pilz, der mit eigener Liste bei der Nationalratswahl antritt, bis 20. September mit den anderen Parteien eine Allianz für einen Misstrauensantrag gegen den Innenminister zu schmieden, den er bei der vorletzten Plenarsitzung vor dem Wahltag am 15. Oktober einbringen will.

Vergleich mit Terroristen

Anlass für Pilz' Vorgehen: dass Sobotka unlängst mit Verweis auf das aus seiner Sicht zu beschließende Sicherheitspaket gesagt hat, dass "alle innerhalb und außerhalb des Parlaments, die gegen diese gesetzlichen Anpassungen sind, einen Anschlag auf die Sicherheit der Österreicher planen".

Pilz dazu empört: "Damit setzt er die anderen Parteien mit Terroristen gleich" – das sei "eine Unverfrorenheit und eine Unverschämtheit", die man "noch von keinem Minister" zu hören bekommen habe. Pilz fordert daher eine sofortige Entschuldigung dafür von ÖVP-Chef Sebastian Kurz, andernfalls wolle er gemeinsam mit den Freiheitlichen, den Grünen, den Neos und hoffentlich auch der SPÖ Sobotka mit einem Misstrauensvotum und einem Urteil über dessen politische Zukunft belegen – auch deswegen, weil mit dem neuen Gesetzeswerk "unbescholtene Bürger ausspioniert werden sollen", indem ein "massenhafter Einbruch in die Computer und Handys der Bevölkerung" ermöglicht werde.

Pilz über Sobotka: "Dieser Herr ist ein Sicherheitsrisiko."
ORF

Gift für Kinderköpfe

Schwere Vorwürfe erhob Pilz auch gegen Sobotka, weil dieser sich gegenüber radikalislamischen Organisationen, die vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, Saudi-Arabien und aus der Golfregion unterstützt würden, als "Schutzpatron" geriere. Sobotka habe etwa dem Wirtschaftsverband Müsiad und der Religionsbehörde Atip eine "positive Funktion" attestiert. Auch die türkische Variante der Muslimbrüder – Milli Görüs – sei in Österreich aktiv und bestrebt, "die Menschen zu Instrumenten der türkischen Politik zu machen", indem man sie an der Integration hindere. Doch Sobotka habe bisher ein Verbot dieser Organisationen verhindert. Dabei würden diese die Köpfe von muslimischen Kindern "vergiften" und Parallelgesellschaften aufbauen.

Bloß kein Unterricht in Hinterhöfen

Zum Vorstoß seines Listendritten Alfred Noll, der sich im STANDARD-Interview dafür ausgesprochen hat, den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen zu streichen, weil das zur Integration "auch eine notwendige Voraussetzung für alle ist, die zugewandert sind", erklärte Pilz, dass er in diesem Punkt anderer Meinung sei.

Wenn man den Religionsunterricht aus öffentlicher Aufsicht verbanne, entstehe die Gefahr, dass dieser "in Hinterhöfen stattfindet" oder in Schulen, in denen Atip oder Milli Görüs das Sagen haben. Doch auch wenn man hier nicht dieselben Ansichten hege, sei der Themenkomplex für die Liste Pilz "eine spannende Debatte". Denn für mehr politische Bildung und Ethikunterricht an den Schulen ist auch Pilz zu haben. (Nina Weißensteiner, 30.8.2017)