Staatssekretärin Muna Duzdar (links), Politikwissenschafter Peter Filzmaier und Claudia Schäfer, Geschäftsführerin von Zara, bei der Präsentation der Studie über Hasspostings.

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Hasspostings sind zu einem Alltagsproblem geworden. Viele österreichische Internetnutzer sind damit bereits konfrontiert worden. Im Frühjahr hatte Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) eine Beratungs- und Meldestelle für derartige Inhalte angekündigt. Sie soll am 15. September ihre Arbeit aufnehmen, kündigte Duzdar am Mittwoch an.

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Zara betreibt Meldestelle

Betrieben wird die Meldestelle von Zara (Zivilcourage und Antirassismusarbeit). Die Vergabe erfolgte nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren. Die 1999 gegründete Organisation bringe viel Erfahrung mit, erklärte Duzdar die Entscheidung, und sei auch international tätig. Bei der Organisation konnte man schon bisher Hetze – sowohl im Netz als auch im Alltag – melden. Allerdings lag der Fokus auf Rassismus. Die neue Beratungsstelle soll sich Hasspostings aller Art widmen.

Sowohl Opfer als auch Zeugen können auf verschiedene Arten mit der Meldestelle Kontakt aufnehmen: telefonisch, per Mail, Online-Meldeformular, Facebook Messenger, Chat oder auch persönlich. Seit Anfang des Jahres gehört Zara zu den "Trusted Flaggern" bei Facebook und Youtube. Gegenüber normalen Nutzern werden die Meldungen solcher Organisationen in den sozialen Netzwerken bevorzugt behandelt. Es gibt quasi einen direkten Draht zur Rechtsabteilung, und man kann bei Gefahr im Verzug schneller einschreiten.

Hälfte der österreichischen Nutzer hat Erfahrung mit Hasspostings

Im Vorfeld des Starts der Meldestelle wurde eine repräsentative Studie über Hasspostings in der österreichischen Bevölkerung durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass Handlungsbedarf besteht. Befragt wurden 1.204 Personen in der Wohnbevölkerung ab 14 Jahren, davon 1.004 im Alter zwischen 16 und 70 und nochmals 200 Personen unter 18 Jahren. 18 Prozent der befragten Nutzer geben an, dass ihnen schon sehr oft Hasspostings untergekommen seien. Bei 27 Prozent ist das manchmal der Fall, 22 Prozent wurden vereinzelt damit konfrontiert. 32 Prozent hatten noch nie Kontakt mit derlei Inhalten.

Schränkt man die Frage auf Altersgruppen ein, sieht das Ergebnis nochmals anders aus. Bei den unter 19-Jährigen geben 66 Prozent an, sehr oft oder manchmal Hasspostings zu sehen. Bei den 19- bis 29-Jährigen sind es noch immer 61 Prozent, bei über 60-Jährigen 31 Prozent.

Die meisten Nutzer (53 Prozent) behaupten, Hasspostings zu ignorieren. 31 Prozent machen Gebrauch von Meldefunktionen. 29 Prozent verlassen das jeweilige Forum oder die Seite, auf der sie mit den Hasspostings konfrontiert wurden. Elf Prozent geben an zu antworten.

Motive der Täter unerforscht

Was bisher nicht wissenschaftlich untersucht wurde, sind die Täter selbst. "Bei der aktuellen Studie haben wir uns mit den Opfern, nicht mit den Tätern auseinandergesetzt", sagte Politikwissenschafter Peter Filzmaier bei der Präsentation der Studie. Daher gibt es hier keine quantifizierbaren Daten. Er geht allerdings davon aus, dass Hassposter grob in zwei Gruppen eingeteilt werden können: jene, die "niedere Absichten" hegen und andere absichtlich verletzen oder beleidigen wollen, und jene, die ihren Frust ablassen wollen – aus Enttäuschung oder einem Gefühl der Hilflosigkeit. Diese zweite Gruppe vermutet Filzmaier wesentlich größer. Hier sei es auch eher möglich einzugreifen – etwa durch die Stärkung digitaler Kompetenzen. (Birgit Riegler, 30.8.2017)