Sonne. Köstliches Essen. Guter Wein. Das uns bekannte Bild der Toskana. Wir durften jedoch noch weitere Aspekte der Toskana kennenlernen. Als Studierende der Klassischen Archäologie an der Universität Wien haben wir in den vergangenen drei Wochen an der Lehrgrabung in Molino San Vincenzo teilgenommen. Zusätzlich zur bekannten Vorstellung über diese italienische Region haben wir gelernt, dass die Toskana auch noch ausgetrocknete Sonnenblumen, 40 Grad Celsius im Schatten sowie Überschwemmungen im Schnitt bietet.

Studierende im Schnitt und in der brütenden Hitze des Hochs Lucifero.
Foto: Nisa Kirchengast

Unser Fundplatz Molino San Vincenzo

Bei Molino San Vincenzo handelt es sich um einen noch heute landwirtschaftlich genutzten Fundplatz, der sich südlich von Florenz, nahe Empoli, befindet. Seit 2011 ist der Grabungsplatz bekannt, da zahlreiche Oberflächenfunde bei einer Begehung durch die toskanische Denkmalschutzbehörde aufgefunden wurden.

Seit August 2012 finden dort Lehrgrabungen der Universität Wien unter der Leitung von Günther Schörner statt. Auch Prospektionen wurden durchgeführt. 2013 und 2016 hatten Studenten die Möglichkeit, an Surveys teilzunehmen, bei denen systematisch Funde an der Oberfläche aufgesammelt wurden. Zusätzlich zu den von der Universität Wien angewandten Methoden wurde 2013 und heuer durch das Österreichische Archäologische Institut (ÖAI) der Fundplatz geophysikalisch untersucht. Die Ergebnisse der geomagnetischen Messungen belegen dabei einen rechteckigen Gebäudekomplex. Das Fundmaterial und die Größe der Struktur könnten auf eine Villa Rustica, die für Landwirtschaft genutzt wurde, hinweisen.

Luzifer trotzen: Unsere Grabung 2017

Die diesjährige Grabungskampagne begann am 7. August um 8 Uhr, als wir erstmals den Fundplatz inmitten von ausgetrockneten Sonnenblumen betraten. An den ersten Arbeitstagen hatten wir mit dem Hoch Luzifer zu kämpfen, das Temperaturen von mehr als 40 Grad Celsius im Schatten brachte. Das Krampen und Schaufeln fiel uns bei dieser Hitze nicht gerade leicht. Noch in derselben Woche lernten wir, dass das Wetter in der Toskana schnell umschlagen kann.

Nach nächtlichen Gewittern fanden wir samstagmorgens statt unserem Schnitt ein Wasserbecken auf, weshalb wir an diesem Tag nicht graben konnten. Diese Zeit blieb jedoch nicht ungenutzt, stattdessen erfuhren wir mehr über Dokumentations- und Vermessungsmethoden. Das Aufstellen der Totalstation und das damit verbundene Messen von Punkten stellten uns anfangs vor kleinere und größere Herausforderungen.

Als wäre das Aufstellen der Totalstation nicht schwer genug: Das Wetter schlägt um.
Foto: Nisa Kirchengast

Bei schönem Wetter standen wir immer im Schnitt und lernten die modernen Methoden der Grabungstechnik kennen. Doch wie läuft eine Grabung denn so ab?

Schritt 1: Zunächst wird mithilfe von Krampen, Schaufeln und Scheibtruhen die oberste Schicht abgetragen, bis eine Veränderung des Bodens auftritt.
Schritt 2: Die gesamte neue Schicht wird freigelegt und geputzt. Dabei kommen Kellen und mitunter auch Pinsel zum Einsatz.
Schritt 3: Jetzt wird dokumentiert: Dabei werden Fotos sowie Vermessungspunkte erfasst, die uns ermöglichen, 3D-Modelle zu erstellen.
Schritt 4: Neue Schicht. Das Spiel beginnt von Neuem.

Studierende beim Freilegen einer Schicht im Bereich des späteren "Hades".
Foto: Sebastian Gradauer

Dieses Jahr wurde von den Studierenden zusätzlich vermehrt auf verschiedenen Social-Media-Plattformen über unseren Grabungsalltag berichtet. Dadurch konnte der Ablauf wie auch der Fortschritt unserer Arbeit mitverfolgt und lustige Momente auf Facebook, Instagram und Twitter miterlebt werden.

An einem besonders heißen Nachmittag im tiefsten Bereich des Schnitts führte eine nicht endenwollende Steinschicht dazu, dass dieses "Höllenloch" von da an den Namen "Hades" erhielt.

"Team Hades" nach erfolgreicher Ausgrabung aller Schichten.
Foto: Nisa Kirchengast

Abseits der Grabung

Nach den täglichen acht Stunden am Feld freut man sich, in die Unterkunft zurückzukommen und sich den Dreck und Schweiß des anstrengenden Arbeitstages abzuduschen. Oft saßen wir beim selbstgekochten Abendessen und Wein zusammen und ließen den Tag gemütlich ausklingen. Die Sonntage wurden zum Besuch nahe gelegener Städte genutzt. Florenz und Siena etwa, der wunderschönen Architektur, Archäologie und dem guten Essen wegen. Und, auch das bringen Grabungen mit sich: Wir haben uns in dieser Zeit besser kennengelernt und sind zu einem guten Team geworden.

Studierende bei einem Ausflug nach Siena.
Foto: Mona Baumgarten

Die Kultur und die Archäologie der Toskana hinterlassen einen prägenden Eindruck und Erinnerungen an eine schöne Zeit (und einige blaue Flecken).

Gruppenfoto mit Amerla.
Foto: Dominik Hagmann

Also, auf in den Schnitt: Amerla! Amerla? Das war unser Schlachtruf, der zurückgeht auf einen uns vom oberfränkischen Grabungsleiter nähergebrachten Begriff für einen kleinen Kübel. (Tanja Bruckmüller, Barbara Hopfensberger, Marina Palmieri, unter Mitarbeit von Nisa Iduna Kirchengast, 31.8.2017)