Das Leben ist schön. Wirklich. Immer wieder. Und Österreich ist auch sehr schön. Und ja, es gibt da und dort politisch schiache Sachen. Aber es gibt auch Freuden im Kleinen. Und die brauchen auch Platz im Leben. Manchmal sogar nur wenig Platz.

Ein Lamm braucht beispielsweise wenig, macht aber große Freude. Im unverspeisten Zustand. Ja, früher habe ich mal Lamm gegessen, aber da war ich noch wild und böse. Jetzt bin ich bekehrt. Schon seit Jahren. Wer so sanfte Augen hat, kann nicht gut schmecken. Und ihre Lebensfreude ist geradezu ansteckend. Sogar heilend.

Und wer wie ich eine Zeitlang zum Schreiben in den heimischen Bergen verbringt, Blick auf Blick mit einer kleinen Schafherde, der lernt die spannendsten Wesen kennen. Ein Lamm mit nur drei Beinen beispielsweise, das aber ungebrochenen Lebensmutes ist und die allerschönsten Brillenschafaugen der Welt hat: Valerie, Tochter der Sisi.

Ein aufgehender Star am Lammhimmel, filmreife, herzzerreißende Story inklusive: Unfall auf einem Wiesenabhang in frühester Jugend – und der darauf folgende dramatische Wettlauf mit der Zeit: die Entscheidung der behandelnden Ärzte zwischen Verspeisen und Amputieren. Eine beinerhaltende Operation mit Einsatz einer Metallplatte stellte einen hochkomplexen Eingriff dar und wäre nur per Helikopterflug an die Veterinäruniversität in Wien zu schaffen gewesen – zu teuer und zu kompliziert.

Wie so oft in diversen nervenzerfetzenden Arztdramen siegte aber dennoch das Leben, wider alle logischen Gegebenheiten. Und nun stakste Valerie also den anderen Herdenmitgliedern hinterher, auf zwei Hinter- und einem Vorderbein, in einem eigenwilligen Wellengang. Aber mit Extraportion Elan und reißendem Appetit. Und von allen akzeptiert. Manchmal siegt das Leben. Ach, das Leben soll bitte immer siegen. (Julya Rabinowich, 2.9.2017)