Wien – Es ist Freitag 16 Uhr am Wiener Heldenplatz. Eigentlich hätte hier die von Gertraud Burtscher angezettelte "Oma-Revolte" stattfinden sollen. Nachdem die "Wiener Zeitung" berichtet hatte, dass die 74-Jährige in den 1980er-Jahren zum Kader der Nationaldemokratischen Partei (NPD) von Norbert Burger gehörte, entzogen Parteien und NGOs – etwa der Seniorenbund und der Katholische Familienverband – der Veranstaltung ihre Unterstützung.

Gertraud Burtscher über ihre "Oma-Revolte" und was sie zu ihrer Vergangenheit und Gaskammern-Morden meint.
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Aus der "Revolte" wurde schließlich ein Treffen von zirka 80 Personen, bei dem auch darüber beraten wurde, wie es jetzt weitergehen soll. Zu dem, "was ihr vorgeworfen wurde", äußerte sich Burtscher in ihrer öffentlichen Rede nicht. Sie sei Unterstützerin eines sehr gefürchteten Regimes, nämlich jenes der "Mütter", dem man nun auch die zugesagte Lautsprecheranlage verwehrte.

"Bin kein Geschichtsforscher"

Gefragt vom STANDARD am Rande des Treffens, was man ihr aus ihrer Sicht vorwerfe, sagte sie: "Dass ich eine fürchterliche Rechtsextremistin bin, man fürchtet wahrscheinlich, dass ich jetzt eine Revolution anzettle – das möchte ich schon, aber keine gewalttätige."

Ob es aus heutiger Sicht die Morde in den Gaskammern der Nazis gegeben hat, beantwortet Burscher so: "Ich nehme schon an, wenn das überall steht. Ich weiß es nicht, ich bin kein Geschichtsforscher, und ich werde mir nie erlauben zu sagen, irgendetwas hat es nicht gegeben oder irgendetwas hat es gegeben. Es ist jetzt quasi offizielle Wahrheit, und es wird stimmen, nehme ich an. Hoffe ich."

FPÖ-Bezirksrätin Flaminia Bettini über Gertraud Burtscher.
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Im Vorfeld der Demonstration veröffentlichte die "Wiener Zeitung" eine Passage aus dem "orientalischen Märchen", das Burtscher 1990 Mitarbeitern des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes geschickt haben soll. Darin zweifelte sie die Ermordung in den Gaskammern an. Daran, dass sie den Text verfasst haben soll, erinnerte sich Burtscher heute nicht mehr.

"Die SPÖ ist blöd"

Bei Burtschers verbliebenen Mitstreiterinnen am Heldenplatz – viele von ihnen sind mit dem Reisebus aus Vorarlberg gekommen – herrscht Unverständnis darüber, dass Politik und NGOs die "Oma-Revolte" nun nicht mehr unterstützen. "Lasst uns endlich mit dem, was vor 70 Jahren passiert ist, in Ruhe", sagt eine Mitstreiterin aus dem Ländle zum STANDARD. Es gebe wichtigere Probleme, etwa die schlechte finanzielle Situation vieler Mütter.

Noch vor wenige Tagen habe Gertraud Burtscher mit Beamten des Sozialministeriums zusammengesessen und ihre Idee besprochen, dass Pensionistinnen 50 Euro pro Kind, das sie geboren haben, bekommen sollen. Aus dem Familienlastenausgleichsfonds hätte man das Geld dafür schon aufstellen können, ruft Burtscher.

Die Forderungen der Hausfrauenunion.
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Während der Regen niederprasselt, holt Burtscher zum Rundumschlag aus. "Die SPÖ ist blöd", ruft Burtscher, hätte ihr ein Engagement für die Mütter doch viele Stimmen bringen können. Doch jetzt: "Pfui, pfui, pfui, jetzt auf einmal wissen sie nichts mehr davon." Johlen.

Burtscher will sich zurückziehen, Partei sollte weitermachen

Dann bekommt die KPÖ ihr Fett ab: "Wenn die Mut gehabt hätten und gekommen wären, ich hätte zum ersten Mal in meinem Leben KPÖ gewählt. Sie hätten den Einzug geschafft. So feig sein! So feig sein!" Sie würde sich gerne zurückziehen und ihre Agenda einer Partei oder einer Organisation übergeben. Doch man habe ihr bedeutet, ihre Agenda, die Mutterpension, sei nun als rechtslastig verschrien. "Wenn eine Partei weitertut, ich bin überzeugt, die hätten sehr viele Stimmen."

Unterstützungsbekundung von FPÖ

Ausgerechnet von jener Partei, von der Burtscher noch am ehesten verstanden hätte, wenn sie nicht gekommen wäre, "weil die ja auch immer ins ultrarechte Eck gestellt werden", kam am Ende der Veranstaltung noch eine Unterstützungbekundung. Flaminia Bettini, blaue Bezirksrätin in der Brigittenau, erklärte, der FPÖ sei das Thema wichtig. Die Mandatare seien jetzt allerdings in der Lugner City, beim Wahlkampfauftakt. Und keinesfalls wolle man die "Oma-Revolte" instrumentalisieren. Zur Kritik an Burtscher sowie zur kritisierten Textpassage über die Ermordung in den Gaskammern wollte sich Bettini nicht äußern.

Burtscher zeigte sich ratlos, wie es mit der "Oma-Revolte" nun weitergehen soll. Ein Herr, der am Ende noch sein Buch "Die Proklamation" bewarb, bot den Frauen organisatorische Unterstützung an. Und Burtscher soll, so sein Vorschlag, "die Spinne sein, bei der alles zusammenläuft". (Katrin Burgstaller, 2.9.2017)