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Auftritt in Venedig: George Clooney mit Ehefrau Amal Clooney.

Foto: AP/Domenico Stillellis

Ein Werbefilm lockt in die heile Welt. Hier bekomme man alles, was man als Familie so braucht: eine Schule, ein Shoppingcenter, eine Ortsfeuerwache und sogar einen Kirchenchor. Willkommen in der Traumwelt des weißen Mittelstands der 50er-Jahre. Willkommen in Suburbicon.

Paramount Pictures

George Clooneys gleichnamiger Film, der gestern Abend in Venedig seine Premiere feierte, basiert auf einem Buch des Regie- uns Autorenduos Joel und Ethan Coen, und das merkt man dieser Gesellschaftssatire deutlich an. Bereits der Prolog, in dem die fröhlichen Gesichter der heilen Familien von der Leinwand winken, kommt als bittere Farce daher. Hinter der Fassade, man ahnt es, kann nur der Abgrund lauern.

In Suburbicon kommt man diesem erstmals näher, als der brave Familienvater Gardner (Matt Damon), der mit seiner Frau Nancy und ihrer Zwillingsschwester Margaret (Julianne Moore in einer Doppelrolle) nächtens seinen kleinen Sohn aufweckt. In der Küche warten nämlich die Einbrecher, und ihr Chloroform, das eigentlich nur betäuben soll, bekommt nicht jedem Familienmitgleid gleich gut.

Es läuft aus dem Ruder

Parallel zu dem sich in der Folge rasant entwickelnden Kriminalstück, in dem die Dinge bald gehörig und ziemlich blutig aus dem Ruder laufen, wirft Suburbicon einen Blick auf einen Nebenschauplatz in Gardners Nachbarschaft. Dort ist gerade eine erste afroamerikanische Familie eingezogen, die nicht nur mit bösen Blicken konfrontiert ist: die Ressentiments und Übergriffe schaukeln sich hoch, bis sich schließlich der Vorstadtmob formiert.

Dass weder das Drehbuch, noch Clooneys Regieführung mit dieser Nebenerzählung zurechtkommen, zeigt sich vor allem daran, dass sie vorrangig als Mittel zum Zweck dient. Statt für die Ursachen des weißen Hasses und den Alltag der schwarzen Familie im Vorzeigestädtchen interessiert sich Suburbicon in erster Linie nämlich für dessen stereotype Ausmalung. Oder höchstens suggeriert, dass ein solches Leben wie das von Gardner der Nährboden für Rassismus und Paranoia im Nachkriegsamerika gewesen sei.

Das Hauptaugenmerk gilt aber ohnehin den zunehmend ins Absurde gesteigerten Verwicklungen des gar nicht so sauberen Familienvaters, dem Matt Damon – nach Downsizing bereits in seinem zweiten Venedigauftritt als Hauptdarsteller – sinistre Züge zu verleihen versucht. Gewiss profitiert Suburbicon vom typisch sarkastischen Stils der Coens, die das Drehbuch bereits zehn Jahre in der Lade liegen hatten, ehe sich Clooney als Coautor und Produzent mit an die Arbeit machte. Doch die skurrilen Momente – etwa der Auftritt Oscar Isaacs als Versicherungsmakler – kommen am Ende gegen die schale Moral dieses Films nicht an.

Kein filmischer Höhepunkt im Wettbewerb, aber mit George Clooney am roten Teppich vor dem Palazzo del Cinema immerhin ein glamouröser für das Festival. (Michael Pekler, 3.9.2017)