Markus Pekoll wird Vater und hängt sein Race-Jersey an den Nagel.

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Auf dem Sprung in eine neue Zukunft: Pekoll bei seinem letzten Weltcup-Rennen in Val di Sole.

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Der Abschied vom Rennsport fällt ihm nicht leicht, aber es ist der richtige Schritt zur richtigen Zeit, ist Pekoll überzeugt.

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Innsbruck – Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Dieser Gedanke bewog Downhiller Markus Pekoll dazu, mit dem Ende der diesjährigen Weltcup-Saison seinen Rücktritt bekanntzugeben. Nach zehn Jahren Profizirkus hängt der 29-jährige gebürtige Schladminger sein Race-Jersey an den Nagel. Diese Entscheidung sei auch seinem Ehrgeiz geschuldet, sagt Pekoll: "Ich will nicht hinterherfahren, und nur fürs Geld will ich es auch nicht machen." Er habe sein persönliches Maximum erreicht, was seinen Körper, sein Material und sein Team anbelangt. "Mehr geht nicht." Zwar fühle er sich noch stark genug, um weitere ein, zwei Jahre in der Weltspitze mitzufahren. Aber der Wahl-Grazer wird im Dezember Vater: "Das passt nicht mehr mit um die Welt reisen und so schnell wie möglich den Berg hinunterrasen zusammen."

Sag zum Abschied leise Servus: Markus Pekoll über die Anfänge seiner Karriere und die Gründe seines Abschieds.
Markus Pekoll

Die Saison 2017 startete für Österreichs Downhill-Aushängeschild sehr erfolgreich – Auftaktsieg bei der Weltcup-Generalprobe im kroatischen Lošinj, sechster Staatsmeistertitel, ein zwölfter Platz beim ersten Weltcup-Rennen in Lourdes. Danach war Pekoll ein wenig vom Pech verfolgt. Der 28. Platz im Gesamtklassement hat ihn aber letztlich versöhnt : "Ein Top-30-Resultat ist schon sehr cool, ich hatte einige blöde Stürze in dieser Saison." Momentan ist der Steirer in Australien, um sich dort auf sein letztes WM-Rennen in Cairns vorzubereiten. Sein Ziel: "Eine Top-Ten-Platzierung."

WM in Australien als Abschiedsgala

In Cairns will Pekoll noch einmal zeigen, was in ihm steckt. Er kennt den Kurs, der sich "grundlegend von jenen in Europa und Nordamerika unterscheidet". Im oberen Teil erwarten die Fahrer enge Kurven, danach folgt eine Hochgeschwindigkeitspassage, und im unteren Teil führt die Stecke auf einem engen Pfad durch einen dichten Wald. "Die 29er-Bikes sind da nicht unbedingt von Vorteil", glaubt Pekoll. Zuletzt fanden die Weltcup-Rennen in Cairns im Frühjahr, während der Regenzeit, statt. Die Nässe verwandelte den Kurs stets in eine schlammige Hölle. Doch die diesjährige WM am 10. September fällt in die Trockenzeit. "Die Fitness wird entscheidend sein", sagt Pekoll mit Verweis auf die beiden Tretpassagen im Kurs. Lokalmatador Michael Hannah, der für seine Fitness bekannt ist, zählt für Pekoll daher zu den Favoriten.

Pekolls letztes Weltcup-Wochenende in Val di Sole war für ihn besonders emotional.
Markus Pekoll

Neben Pekoll wird David Trummer in der Eliteklasse für Österreich an der Downhill-WM teilnehmen. Bei den Junioren ist Moritz Ribarich am Start. Paula Zibasa, Wahltirolerin und Gesamtweltcup-Zweite bei den Juniorinnen, ist ebenfalls dabei, wird aber noch für ihre ursprüngliche Heimat Lettland starten. Mit Pekolls Abgang wird sich eine große Lücke im heimischen Downhill-Rennsport auftun. Seit seiner ersten Saison 2004 bestritt er 72 Weltcup-Rennen. Von 2011 bis 2015 war er der erfolgreichste deutschsprachige Downhiller im Weltcup. Pekoll krönte sich zum Europameister und konnte auch die Europacup-Gesamtwertung einmal für sich entscheiden. Seit 2011 fährt er für den MS-Mondraker-Rennstall des Tirolers Markus Stöckl.

Spitzenteam als Motivation und Belastung

Sein Team, dem neben Pekoll auch Weltmeister Danny Hart und Vizeweltmeister Laurie Greenland angehören, hat zuletzt den Weltcup dominiert. Die enorme Konkurrenz im eigenen Stall ist für den Österreicher beflügelnd und bedrohlich zugleich: "Ich konnte viel von meinen Teamkollegen lernen. Einerseits ist es ein Ansporn, sie zu schlagen, andererseits sind sie aber auch fast übermächtige Gegner." Hart und Greenland seien "unfassbare Talente" und zugleich "unglaublich ehrgeizig". Er selbst habe einfach zu spät mit dem Sport begonnen, sagt Pekoll mit Blick auf die neue Generation von Fahrern: "Die Kids sind heute auf einem sehr hohen Level unterwegs. Die sitzen anders am Rad, das kann man später nicht mehr aufholen."

Wenn er keine Rennen fährt, genießt Pekoll die Trails rund um seine Heimatstadt Graz.
Markus Pekoll

Es wird Zeit brauchen, die Lücke zu füllen, die Pekoll zurücklässt. Denn es fehlt an gezielter Nachwuchsarbeit. Dass es in Österreich, das mit zahlreichen Bikeparks und gebirgiger Landschaft eigentlich perfekte Voraussetzungen für eine Downhill-Nation mitbringt, dennoch ein Nachwuchsproblem gibt, hat für Pekoll mehrere Gründe: "Noch fehlt es am Ausbildungssystem, das die Jungen in den Rennsport bringt, und an Rennen selbst. Das ist aber im Entstehen." Zudem mangle es dem Nachwuchs an Motivation: "Früher machte man sich über Rennen und Podiumsplatzierungen einen Namen. Heute passiert das über Videos und Social Media." Vielen fehle die Motivation, sich Rennen anzutun.

Dennoch macht sich Pekoll keine Sorgen um den heimischen Downhill-Nachwuchs. "Es entstehen immer mehr Strecken, Pumptracks, Vereine und Trailcenter im Land. Das wird Früchte tragen." Er selbst will sich künftig auch der Jugendförderung widmen. In Graz, wo Pekoll mittlerweile Geografie studiert, funktioniere das bereits.

Downhill als Versuchsfeld der Industrie

Auch wenn der Verkauf von Downhill-Bikes stagniert, glaubt Pekoll nicht, dass der Rennsport an Bedeutung verlieren wird. "Downhill ist für das Mountainbiken wie die Formel 1 für die Automobilindustrie – ein Marketinginstrument und eine Möglichkeit, neue Produkte zu entwickeln und unter extremen Bedingungen zu testen." Jüngstes Beispiel seien die 29-Zoll-Downhillbikes. Sie seien entwickelt worden, um schneller zu sein. In der Rennpraxis habe sich aber gezeigt, dass sie nur bedingt dazu taugen. "Es kommt auf die Größe des Fahrers an", sagt Pekoll. Für einen Greg Minaar mache ein 29er Sinn, während kleinere Fahrer wie Hart oder Aaron Gwin nicht davon profitieren: "Der Sattel und das Gesäß streifen sehr leicht am Hinterreifen."

Sein letztes Rennen als Profi wird Markus Pekoll am 15. September in Leogang absolvieren, wo er am Europacup teilnimmt. Es soll der emotionale Abschluss vor heimischem Publikum werden. Einen Wechsel ins Enduro-Lager schließt er aus: "Ich fahre nur zum Spaß ab und an ein Rennen mit." Über Details seiner beruflichen Zukunft will er noch nicht sprechen, aber er hat vor, dem Radsport treu zu bleiben. (Steffen Arora, 5.9.2017)