Sebastian Kurz verspricht eine umfassende Steuerreform, die Zuwanderung ins Sozialsystem soll gestoppt werden.

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Sebastian Kurz hat am Montag den ersten Teil seines umfangreichen Wahlprogramms veröffentlicht, das er am Sonntagabend vom ÖVP-Vorstand absegnen lassen hat. Ausländer sollen keinen Zugang zum Sozialsystem haben, für Asylberechtigte ist eine Kürzung der Mindestsicherung vorgesehen.

Im Kapitel Sozialleistungen ist eine österreichweit einheitliche Regelung der Mindestsicherung vorgesehen, was zuletzt vor allem am Widerstand der ÖVP-geführten Bundesländer scheiterte. Die Mindestsicherung für eine Bedarfsgemeinschaft soll dabei auf maximal 1.500 Euro begrenzt werden. So weit wie möglich soll der Fokus bei der Mindestsicherung auf Sachleistungen liegen. Bei Arbeitsverweigerung oder Schwarzarbeit sieht das ÖVP-Wahlprogramm erst ein intensives Coaching und dann signifikante Kürzungen der Sozialleistungen vor.

Sozialleistungen erst nach fünf Jahren

Radikal ist das Programm in Bezug auf EU-Ausländer: Für Zuwanderer aus der Europäischen Union ist eine Streichung von Sozialleistungen vorgesehen, damit soll die Zuwanderung ins Sozialsystem gestoppt werden. Für Ausländer soll der Zugang zu Sozialleistungen in Österreich grundsätzlich erst nach fünf Jahren Aufenthalt möglich sein.

Die ÖVP hat jetzt einen ersten Überblick über ihr Wahlprogramm präsentiert, die Details sollen folgen. Die ÖVP will unter anderem Sozalleistungen für Flüchtlinge kürzen und den ländlichen Raum stärken.
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Konkret heißt es in dem Papier: "Für Personen, die ihr Recht auf Freizügigkeit allein deswegen nützen, um in den Genuss der Sozialhilfe eines anderen EU-Mitgliedstaates zu kommen, obwohl sie nicht über ausreichende Existenzmittel für die Beanspruchung eines Aufenthaltsrechts verfügen, sollen Sozialleistungen versagt werden können. Wir möchten erst nach fünf Jahren rechtmäßigem Aufenthalt in einem EU-Mitgliedstaat außerhalb des eigenen Staates einen Anspruch auf Sozialleistungen ermöglichen."

Jetzt schon strikte Regelungen

Tatsächlich hat Österreich relativ strikte Regelungen in Bezug auf den Aufenthalt von EU-Bürgern, die es schwer bis unmöglich machen, Sozialleistungen zu beziehen, ohne einer Erwerbstätigkeit nachzugehen oder nachgegangen zu sein. Österreich gewährt fast ausschließlich Sozialversicherungsleistungen, die eine Mindestbeschäftigungsdauer voraussetzen.

Missbrauch bekämpfen

Die ÖVP bekennt sich zwar dazu, dass die Personenfreizügigkeit innerhalb der EU aufrechterhalten werden soll, der Sozialmissbrauch müsse aber bekämpft werden: "Die Personenfreizügigkeit ist sicherlich eine der großen Errungenschaften der Union und die Mobilität der EU-Bürger eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren des EU-Binnenmarktes. Gleichzeitig erfordern aber Erfahrungen der vergangenen Jahre eine Korrektur von Fehlentwicklungen, wenn wir diese wesentliche Freiheit bewahren wollen. Freizügigkeit bedeutet das Recht, überall in der Europäischen Union zu arbeiten. Es darf aber nicht mit dem Recht verwechselt werden, sich das beste Sozialsystem aussuchen zu können."

Außerdem soll die Familienbeihilfe für Kinder, die im Ausland verblieben sind, an das Lohnniveau des Wohnsitzes des Kindes gekoppelt werden.

Für Asyl- bzw. subsidiär Schutzberechtigte soll es in den ersten fünf Jahren eine "Mindestsicherung light" geben, diese beträgt 560 Euro pro Einzelperson und setzt sich aus 365 Euro Grundversorgung, 155 Euro Integrationsbonus und 40 Euro Taschengeld zusammen – geknüpft ist der Bezug allerdings an das Erreichen von Integrationszielen. Einen Übergang in die reguläre Mindestsicherung soll es nur geben, wenn in den ersten fünf Jahren eine reguläre Vollzeitbeschäftigung für mindestens zwölf Monate nachgewiesen werden kann.

Drei Tarifstufen senken

Kurz verspricht den Steuerzahlern in seinem Wahlprogramm faire Entlastungen ohne Neuverschuldung. Als Maßnahmen werden die Abschaffung der kalten Progression sowie eine jährliche automatische Inflationsanpassung aller Tarifstufen angeführt.

Die Lohn- und Einkommensteuer soll durch niedrigere Steuersätze für die ersten drei Tarifstufen gesenkt werden. Die bisherigen Steuersätze sollen reduziert werden, und zwar von 25 auf 20 Prozent, von 35 auf 30 Prozent und von 43 auf 40 Prozent. Die übrigen Tarifstufen von 48, 50 und 55 Prozent sollen beibehalten werden. Das Einkommensteuergesetz soll überarbeitet, die Steuererklärung vereinfacht werden. Abgeschafft werden soll die Körperschaftsteuer auf nicht entnommene Gewinne.

Die ÖVP verspricht, den Faktor Arbeit zu entlasten. Beiträge zum Familienlastenausgleichsfonds sollen für Unternehmen halbiert werden. Die Vollkosten für Unternehmen sollen auf dem Gehaltszettel transparent gemacht werden.

Steuerbonus für jedes Kind

Als eine der Maßnahmen einer Steuerreform ist auch ein Steuerbonus von 1.500 Euro für jedes Kind angeführt. Auf das erste Eigenheim soll es gar keine Steuern geben. Im Detail sollen beim Kauf des ersten Eigenheims alle staatlichen Gebühren (Grunderwerbsteuer, Eintragung ins Grundbuch und Eintragung des Pfandrechts) gestrichen werden. Gedeckelt sein sollte dieser Gebührenerlass mit 20.000 Euro.

Kurz legt sich in seinem Wahlprogramm auch darauf fest, dass es keine neuen Steuern geben soll, insbesondere keine Erbschaftsteuern und keine Eigentums- oder Vermögensteuern. Ganz generell sollen keine neuen Schulden gemacht werden, die Schuldenquote soll langfristig auf 60 Prozent reduziert werden. Eine "Schuldenbremse" soll in der Verfassung festgeschrieben werden.

Die ÖVP bekennt sich in dem Papier dazu, den Steuerbetrug bekämpfen und Steuerfluchtrouten schließen zu wollen.

Zuschläge für längeres Arbeiten

Zum Thema Pensionen hält die ÖVP fest, dass es keine Kürzung kleiner und mittlerer Pensionen geben soll. Das faktische Pensionsantrittsalter soll an das gesetzliche angepasst werden. Bei Korridorpensionen bei längerem Arbeiten soll es höhere Zuschläge geben. Wer bis 68 Jahre arbeitet, soll einen Aufschlag von 5,5 Prozent pro Jahr erhalten und ab 65 keine Pensionsversicherungsbeiträge zahlen. Für Frauen soll es die Möglichkeit geben, freiwillig bis 65 und länger zu arbeiten. Pensionsprivilegien wie etwa bei der Stadt Wien, der ÖBB oder der Nationalbank sollen abgeschafft werden. (Michael Völker, 4.9.2017)