Frage: Mein Sohn ist in die Schule gekommen und ich wollte ihm noch kein Smartphone kaufen. Um trotzdem zu wissen, wo er sich gerade befindet, habe ich einen GPS-Tracker an seiner Schultasche angebracht. Was halten Sie davon?

Antwort: Natürlich kann ich nachvollziehen, dass Sie gerade zu Beginn der Schulzeit gerne wissen möchten, wo Ihr Sohn gerade ist. Es ist verlockend, mit einem GPS-Tracker den Schulweg eines Kindes zu beobachten. Andere Eltern gehen da noch weiter und nutzen Apps oder Whatsapp um einen Einblick in die Welt ihres Kindes zu bekommen. 

Es ist aber wichtig zu überdenken, wieviel Kontrolle wir als Eltern wirklich brauchen und wollen: Ab wann fühlt sich ein Kind nicht mehr beschützt, sondern überwacht? Wie soll ein Kind selbstständig werden, wenn es das Gefühl hat ständig beaufsichtigt zu sein? Kinder werden auch leichtsinnig, wenn sie sich ständig überwacht fühlen.

Medietilsynet

Video: Das norwegische Safer Internet Centre regt Eltern mit diesem Animationsfilm dazu an, ihren Wunsch nach Überwachung ihres Kindes kritisch zu hinterfragen.

Überwachung ohne Absprache

Das Vertrauen von einem Kind zu seinen Eltern ist ein wichtiges Gut. In Beratungsgesprächen merke ich, dass Kinder sich gewiss sein müssen, dass ihre Eltern ihnen auch in heiklen Situationen wie Cyber-Mobbing beistehen werden. Nur dann wenden sie sich früh genug an sie und bitten um Rat. Sprechen Sie deshalb mit Ihrem Sohn darüber, ob und in welcher Form Sie seinen Standort mitverfolgen wollen.

In der Praxis erlebe ich leider immer wieder, dass Kinder und ihre digitalen Aktivitäten ohne ihre Zustimmung und ihr Wissen von ihren Eltern überwacht werden. Ich erinnere mich an einen Vater, der die Chats seiner Tochter auf Whatsapp mitgelesen hat. Er hatte so mitbekommen, dass sie von anderen bedrängt wurde. Im Gespräch mit mir überlegte der Vater, was er mit seinem heimlich gewonnenen Einblick in ihr Leben tun sollte. Er entschied sich zu warten, aus Sorge seine Tochter könnte das als massiven Vertrauensbruch ansehen.

Berechtigte Sorgen, wichtige Freiräume

Kinder geben heute in Sozialen Netzwerken viel mehr von ihrem Leben preis, als es noch ihre Eltern getan haben. Wenn ich in einer Unterstufenklasse einer AHS über den Begriff "Privatsphäre" rede, ist es für die Kinder meist nur noch "das, was meine Eltern nicht sehen sollen".

Mit diesem Wissen verweise ich auf Elternabenden gerne auf das Recht von Kindern auf Privatsphäre. Und: Was passt zur Ihrer Familie, wie gehen Sie sonst mit solchen Themen um? Schließlich gibt es auch Bedenken von Datenschützern, was mit den Daten von Kindern passiert, wer sie auswertet, weitergibt und wo sie gespeichert werden.

Ich kann Ihnen die Entscheidung nicht abnehmen, ob oder wie Sie Ihren Sohn tracken. Klar ist nur, dass wir Eltern unser Kind auch Schritt für Schritt ziehen lassen müssen. Und zuletzt liegt es Ihnen eine Balance zu finden zwischen dem Wunsch Ihr Kind zu beschützen, dessen Bedürfnis nach Freiräumen und der zunehmenden Notwendigkeit für Ihr Kind selbstständig zu werden. (Barbara Buchegger, 29.9.2017)

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