DFB-Präsident Grindel (rechts) und DFL-Chef Rauball erlebten das Fiasko in Prag vor Ort mit.

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Dresden – Die Dresdner Polizei hat nach dem schlimmen Verhalten rechtsextremer deutscher Problemfans während des Fußball-WM-Qualifikationsspiels am vergangenen Freitag gegen Tschechien in Prag (2:1) Ermittlungen eingeleitet und einige Stadionbesucher identifiziert. Die Beamten untersuchten öffentliches Bild- und Videomaterial. Dadurch wurden bislang 13 Personen aus dem Umfeld der Dresdner Fanszene als Stadionbesucher identifiziert.

Zwei von ihnen haben laut Polizeipräsident Horst Kretzschmar vor dem Spiel Gefährderanschreiben von der Polizei erhalten. Es sei jedoch nicht bekannt, ob den identifizierten Personen Straftaten vorgeworfen werden.

"In erster Linie identifizieren unsere Ermittler Personen, die sich während des Spiels im Prager Stadion aufhielten. Wir gehen damit in Vorleistung für den Fall, dass uns die zuständigen Behörden mit strafrechtlichen Ermittlungen beauftragen", äußerte Kretzschmar.

Der Polizeipräsident will indes weitere Maßnahmen zur Identifizierung und Kontrolle der Fangruppen in Betracht ziehen: "Da Gefährderanschreiben allein offensichtlich nicht in jedem Fall von einer Anreise abhalten, werden wir zukünftig auch Meldeauflagen als weiteren präventiven Baustein prüfen", betonte Kretzschmar: "Voraussetzung dafür sind allerdings konkrete Erkenntnisse, die eine entsprechende Gefahrenprognose erlauben."

Neben dem offiziell organisierten Fanblock hatte es in der Prager Eden Aréna eine Zelle von etwa 200 Personen gegeben, die beide Nationalhymnen und eine Schweigeminute störten. Vereinzelt waren "Sieg Heil"-Rufe zu hören, der deutsche Nationalspieler Timo Werner (RB Leipzig) wurde beschimpft.

Gewaltsam ins Stadion

Laut DFB-Präsident Reinhard Grindel hat sich zumindest ein Teil der Rechtsextremen illegal Zugang zum Stadion verschafft. "Eine ganze Reihe dieser Leute ist gewaltsam ins Stadion gekommen, indem sie einen Blocksturm gemacht haben", sagte er in der SWR-Sendung Sport im Dritten. Grindel sprach von 200-300 Problemfans, vor denen der DFB vorab gewarnt gewesen sei – eine altbekannte "Klientel". "Sie haben gezeigt, dass sie den Fußball nicht lieben, sondern ihn verachten", fügte er am Montag in Stuttgart hinzu: "Wir werden eine ganze Reihe von Strafverfahren sehen." Zudem kündigte er Stadionverbote an.

Bei der Aufklärung wird der DFB eng mit den Behörden zusammenarbeiten. "Es werden eigene Aufnahmen und Fotos zur Verfügung gestellt, es wird seitens der deutschen Verbindungsbeamten eine Kontaktaufnahme zu den tschechischen Kollegen geben", betonte Grindel. "Es gibt breite Kritik an Kollektivstrafen, aber wo man bestimmte Taten bestimmten Tätern zuordnen kann, müssen wir reagieren."

DFB-Präsident: Ticketvergabe neu regeln

Grindel forderte als erste Konsequenz im sportlichen Bereich ein europaweites Umdenken beim Verkauf von Eintrittskarten. "Ich werde das Thema nächste Woche im UEFA-Exekutivkomitee und in den zuständigen Kommissionen deutlich ansprechen", sagte er dem kicker: "Wir müssen gemeinsam mit den europäischen Verbänden über die Ticketvergabe diskutieren und Wege finden, die europaweit mehr Kontrolle gewährleisten."

Die Störer hatten Eintrittskarten nicht über den Fanclub Nationalmannschaft bezogen. "Zur Wahrheit gehört, dass es in Ländern wie San Marino oder Tschechien keine absolute Sicherheit gibt, weil dort zum Beispiel von Einheimischen unkontrolliert Tickets weitergegeben werden und in den freien Verkauf gelangen", ergänzte Grindel. Dort müsse angesetzt werden, um eine Wiederholung zu verhindern. DFL-Chef Reinhard Rauball forderte im Kampf gegen Problemfans mehr "Rückendeckung der Politik".

FIFA prüft

Der Fußball-Weltverband FIFA will den Fall ebenfalls prüfen. "Wir haben das Thema in den Medien verfolgt. Wir haben Beobachter, die es hinsichtlich unseres Anti-Diskriminierungs-Systems überprüfen", sagte eine Sprecherin am Montag auf Sport1-Anfrage. (sid, 4.9.2017)