Sepp Schellhorn, Wirtschafts- und Kultursprecher der Neos.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Dass Sepp Schellhorn noch für die Neos spricht, ist nicht selbstverständlich. 2014 hätte sich der Salzburger Gastronom und Hotelier beinahe aus der Politik zurückgezogen, zuletzt soll auch Sebastian Kurz (ÖVP) nach ihm geangelt haben. Ohne Erfolg. Nach dem Abgang von Niko Alm hat der 50-jährige Wirtschaftssprecher der Neos im Frühjahr auch dessen Kulturagenden übernommen. "Das war schon immer reizvoll für mich", sagt Schellhorn im STANDARD-Gespräch.

Mit der Kunst verbindet ihn seit jeher ein persönliches Interesse. "Nur Tourismus war mir zu stumpfsinnig. Ich habe mich gefragt: Welche Basis hat der Tourismus eigentlich in unserem Land? Wir sind natürlich eine Kulturnation. Und deswegen kommen die Leute zu uns." In Kooperation mit dem Suhrkamp-Verlag etablierte der Literaturfan seit 2011 sein Sepp-Schellhorn-Stipendium, das Literaten Arbeitsaufenthalte in Goldegg im Pongau ermöglicht. Zudem sammelt Schellhorn Kunst (Lassnig, Wurm, Scheibl, Luser) und richtet ein jährliches Fest für Thomas Bernhard aus.

"Das ist natürlich auch für den Tourismus gut", sagt er, "und ohne Kunst und Kultur würde Österreich zum Arbeiter- und Bauernstaat verkommen." Arbeiter und Bauern? Da spricht vor allem der Gegner des Kammernstaates aus Sepp Schellhorn. Aber auch kulturpolitisch habe das für ihn Bedeutung: "Kulturförderung muss transparent und nachvollziehbar sein", so sein Mantra. "Hier darf keine Klientelpolitik betrieben werden." Man solle etwa alle Kulturagenden des Bundes in einer Bundeskulturstiftung zusammenführen. "Die Schweiz ist hier mit der Pro Helvetia und einer umfassenden Förderdatenbank ein Best-Practice-Beispiel."

Keine "Basarmentalität"

"Es kann doch nicht sein, dass wir in Österreich allein auf Bundesebene fünf Fördergeber für den Film haben. Da muss man bündeln", so Schellhorn, "den Dschungel aufarbeiten" und auch mit einer "Basarmentalität aufräumen, die da heißt: 'Wir suchen überall und möglichst hoch um Förderung an, und irgendwas werden wir dann schon bekommen'". Die Neos stünden für das Prinzip "Alles oder nichts" und ein Ende der Mehrfachförderungen.

Und die Budgethöhe? "Es ist immer populistisch, wenn man sagt: 'Wir brauchen mehr.' Ich denke, es ist ausreichend, nur nicht effizient verteilt. Wenn man Transparenz reinbringt, bleibt mehr für die Sache an sich." Bei kleinen Initiativen würde er "nicht einfach mit der Gießkanne drübergehen, sondern punktueller fördern".

Angesprochen auf ein derartiges Ansinnen im schwarz-blau regierten Oberösterreich versucht Schellhorn zu differenzieren: "Ich stehe natürlich zum schlanken Staat und einer Schuldenbremse. Wenn es im Verhältnis zu allen anderen Bereichen steht, in denen gespart wird, sehe ich es ein. Man kann hier keine Ausnahme machen. Aber wenn die Kultur überproportional beschnitten wird, habe ich ein Problem damit."

Inhaltlich dürfe Kulturpolitik nichts vorgeben: "Mein liberaler Ansatz geht mit Voltaire konform: Mir gefällt vielleicht nicht, was sie sagen, aber ich werde alles dafür tun, dass sie es sagen können." Sehr wohl gefalle ihm etwa das umstrittene Hochhausprojekt am Wiener Heumarkt, das die Hauptstadt das Unesco-Weltkulturerbe kosten könnte. "Ich hinterfrage hier den Konservativismus der Unesco. Hier gibt es einen privaten Investor, der das so transparent gemacht hat wie kein anderer. Und er hat auch Verpflichtungen für die Allgemeinheit übernommen. Das Welterbe ist eine Keule. Dresden, wo man es wegen einer Brücke entzogen hat, hat heute mehr Tourismus denn je."

Nicht verstehen kann Schellhorn auch Kritik an der Entscheidung, die Sammlung Essl als Dauerleihgabe und unter Aufbringung von mindestens einer Million Subvention jährlich an die Albertina zu geben. "Wäre es sinnvoller gewesen, die Sammlung am Kunstmarkt zu filetieren? Ich bin froh, dass sie in Österreich bleibt. Für mich ist sie es wert, auch mit Steuergeld erhalten zu werden."

Dass Sammlungen auch an Museen verliehen werden, um sie später wertgesteigert wieder herausnehmen zu können, will Schellhorn nicht bestreiten. "Ich finde das aber nicht verwerflich. Denn die Arbeiten waren dafür jahrelang der Öffentlichkeit zugänglich." Entspannt sieht der Neos-Abgeordnete die überhitzten Preisentwicklungen am Kunstmarkt: "Natürlich wird hier auch spekuliert." Für ihn selbst sei allerdings bei einem Preis im mittleren fünfstelligen Bereich "die Schmerzgrenze überschritten". (Stefan Weiss, 5.9.2017)