Josef Pröll wollte Förderungen erfassen: Das Projekt stockt immer noch.

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Wien – Zumindest in eine Richtung sind die Informationen schnell abrufbar: Wer ein Unternehmen gründen will, kann auf der Homepage des Gründerservices der österreichischen Wirtschaftskammer rasch abrufen, welche Förderungen wo abgeholt werden können.

Die Geldgeberseite hat allerdings weitaus weniger Durchblick. Gerade in Wahlkampfzeiten fordern Politiker aller Couleur einen schlankeren Staat. Zuletzt war es ÖVP-Chef Sebastian Kurz, der sich durch die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten im Förderwesen Einsparungen in Milliardenhöhe erwartet und dadurch die Möglichkeit sieht, den Steuersatz senken zu können. Er ist natürlich auch nicht der erste ÖVP-Chef, der Milliardenbeträge im Förderdickicht vermutet. Sein Vorvorvorgänger Josef Pröll – Vizekanzler und Finanzminister bis 2011 – gab der Suche danach den Namen Transparenzdatenbank. Die Idee dahinter: Alle Förderungen von Bund, Ländern und Gemeinden sollen aufgelistet und einsehbar sein, damit die Geldströme nachvollziehbar werden. Oder kurz formuliert: Es sollte Klarheit darüber herrschen, wer wen bereits fördert und vor allem mit wie viel.

Gesamtschau versucht

Pröll selbst war nicht erreichbar für den STANDARD. Ausgangspunkt heute wie damals waren für die ÖVP die Sozialausgaben. "Da es viele Doppelgleisigkeiten in der Sozialverwaltung zwischen Gemeinde, Land und Bund gibt und die eine Hand mitunter nicht weiß, was die andere tut, wollten wir hier Transparenz sowohl für jeden Einzelnen herstellen wie auch in der Gesamtschau für die Behörden", erinnert sich sein früherer Pressesprecher und jetziger Politikberater Daniel Kapp. Aus seiner Sicht waren die Länder zwar "nicht unbedingt ein Motor dieses Projektes", gebremst habe vor allem der Koalitionspartner SPÖ. Wobei auch die Wirtschaftskammer dem Vorhaben Skepsis entgegengebracht hat.

Fakt ist: Es bewegte sich wenig. Seit Anfang 2013 melden die Bundesdienststellen ihre Leistungsangebote und Einzelförderungen, seitens der Länder wurden zwar Förderungsangebote gemeldet – der Betrag wie auch der Empfänger bleiben ungenannt. Die Förderleistungen der Gemeinden sind in der geltenden Regelung gleich überhaupt nicht enthalten.

Etwas von der Zurückhaltung der Länder wurde jetzt – wieder Jahre später – abgelegt. In zwei Bereichen, nämlich Umwelt und Energie, soll die Datenbank seit Anfang des Jahres befüllt werden. Auch er sei "unzufrieden mit der Entwicklung", bekannte Dienstagabend in der ZiB 2 der Vorarlberger Landeshauptmann und derzeitige Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz Markus Wallner. Sein Credo, das daraus folgte: "Jetzt anpacken, Diskussion beenden."

Was das aus Sicht der Länder bedeutet: Im Hintergrund werde, heißt es in seinem Büro, an der Ausweitung auf alle Förderbereiche gearbeitet. Davor soll aber die Effizienz des Systems überprüft werden – auf Wunsch der Länder läuft dazu eine Studie. Schließlich sei die Datenbank ein sehr "aufwendiges Verfahren".

In Oberösterreich sieht man das offenbar anders. Das Land ist zum Vorreiter geworden – man speise "95 Prozent aller Bereiche" ein, wird im Büro von Landeshauptmann Stelzer festgehalten. Ausnahmen gebe es nur bei Akten der Hoheitsverwaltung und in Datenschutzangelegenheiten.

Länder warten ab

Weil die Mehrheit der Länder Informationen nur sparsam herausrücken, hat die Transparenzdatenbank bisher nicht den erwünschten Durchblick gebracht. Der Rechnungshof kritisierte bereits die Kosten für Errichtung und Instandhaltung und prüft nun die Effizienz der Einrichtung und ob die Zielsetzung dieses komplexen Instruments tatsächlich erreicht wird, heißt es auf STANDARD-Nachfrage von der Prüfinstanz.

Dabei geht es um Riesensummen: 19,6 Milliarden Euro betrugen die Förderungen 2015. 4,9 Milliarden Euro wurden direkt vergeben, 14,8 Milliarden Euro etwa durch Steuervergünstigungen. Wobei die Zahlen Interpretationsspielraum zulassen, und das Volumen auch höher angenommen werden kann. Es hängt von der Definition ab, was alles unter Förderung verstanden wird. Ein Beispiel: Vergibt eine Gemeinde eine Liegenschaft zu günstigen Konditionen, um die regionale Wirtschaft zu fördern, so ist es schwierig, dies in Zahlen auszuweisen.

Im Förderungsbericht 2015 des parlamentarischen Budgetdienstes heißt es, dass die hohe Gesamtzahl an Förderungsangeboten von Bund und Ländern die Unübersichtlichkeit des österreichischen Fördersystems belege. Bessere Akkordierung sei notwendig, da mit der Vergabe weiterhin wirtschafts- oder gesellschaftspolitische Ziele, wie etwa Familienförderung, verfolgt werden.

Dass Förderungen per se nicht schlecht sind und auch ein Steuerungsinstrument für einen Sozialstaat, hält Bernhard-Christian Funk im STANDARD-Gespräch fest. Der Verfassungsjurist weist jedoch darauf hin, dass die vielen Transferleistungen zu einem Wildwuchs geführt haben. Dahinter stecke ein politisches Interesse, meint Funk: "Wer lässt sich gern nachweisen, dass eine gängige Förderung überflüssig ist? Transparenz entspricht hier nicht dem politischen Interesse." Eine vollständige Übersicht sei wichtig, damit man erkennen könne, wie sich die Leistungen zueinander verhalten und nicht mehr konterkarieren.

Damit das Projekt doch noch seine Funktion erfüllt, schlägt der Budgetdienst vor, dass sich Bund, Länder und Gemeinden besser abstimmen müssten. Zuständigkeiten, wer welchen Bereich fördert, müssten exakt abgegrenzt werden. Doch das ist eben auch eine Machtfrage: Der Gönner will nicht unerkannt bleiben. (Marie-Theres Egyed, Peter Mayr, 7.9.2017)