Wien – Die Gemeinnützigen machen sich Gedanken über ihre Zukunft. Der "Verein für Wohnbauförderung" (VWBF) – jener Teil der Gemeinnützigen, der sich der Sozialdemokratie verbunden fühlt – hat dazu ein neues "Grundsatzprogramm" erarbeitet, das einerseits – wie man darin nicht verhehlt – den Sektor gegen mögliche "Angriffe infolge einer geänderten Regierungskonstellation auf Bundesebene" absichern soll. Versuche, die Eigenkapitalbindung aufzuweichen, gab es erst kürzlich (wie berichtet), sie kamen allerdings nicht unbedingt von ÖVP oder FPÖ (sondern von Finanzkonzernen).

"Zukunftsfit"

Mit dem Sechs-Punkte-Programm will man den Sektor aber auch ganz allgemein "zukunftsfit" machen. Durch den Bevölkerungszuwachs speziell in den Ballungsräumen und dem Anstieg privater Mieten sei der Druck am Wohnungsmarkt immer stärker geworden, deshalb sei eine Stärkung des gemeinnützigen Bereichs unumgänglich, VWBF-Obmann Markus Sturm bei der Präsentation des Programms vor Journalisten in Wien.

Wenig überraschend spielt die Verfügbarkeit von leistbaren Grundstücken in dem Programm eine wesentliche Rolle – ein Thema, das den Sektor schon seit Jahren beschäftigt. Dringend eingefordert wird endlich die Umsetzung einer Maßnahme, die ohnehin schon in einigen Regierungsprogrammen stand: Die verfassungsrechtliche Klarstellung, was die Anwendung der sogenannten Vertragsraumordnung in den Kommunen betrifft.

In Städten werden zivilrechtliche Verträge mit Entwicklern (und Grundstückseigentümern) mittlerweile regelmäßig abgeschlossen, kleinere Gemeinden würden aber oft vor einer "aktiveren" Bodenpolitik zurückschrecken, so Sturm.

Federführend geleitet hatte die neunköpfige Programm-Arbeitsgruppe Michael Gehbauer, im Brotberuf Chef des Bauträgers WBV-GPA. Angehört hatten der Arbeitsgruppe sowohl Vertreter "kleinerer" Genossenschaften als auch der größeren Kapitalgesellschaften im Sektor, wurde betont.

"Mietkaufoption abschaffen"

Eine zentrale Forderung der "roten" Gemeinnützigen ist auch die ersatzlose Abschaffung der gesetzlich zwingend vorgesehenen Mietkaufoption. Diese sollte es nur noch als "Möglichkeit" geben, so Sturm. Mit der Kaufoption werde sozial gebundener Wohnraum privatisiert; insbesondere die Tatsache, dass die Wohnungen nach dem Verkauf an Mieter ohne Preisbindung vermietet werden können (sofern die Förderung schon zurückbezahlt wurde), ist Sturm ein Dorn im Auge.

Gefordert wird aber auch, dass Wohnbauförderung nur noch an Gemeinnützige vergeben wird, die die von ihnen gebauten Wohnungen – anders als gewerbliche Bauträger – dauerhaft mit gedeckelten Mieten vergeben müssen. Außerdem sollte dem geförderten Mietwohnungsbau Vorrang gegenüber gefördertem Eigentum eingeräumt werden, so die VWBF-Vertreter.

"Passivhaus nur noch als Ausnahme"

Teil des Programms sind auch langjährige Forderungen der Gemeinnützigen, etwa die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung, samt den Rückflüssen aus vergebenen Darlehen. Generell solle die Wohnbauförderung über günstige Darlehen vonstatten gehen, anstatt über nicht rückzahlbare Zuschüsse, wo es keine Rückflüsse gibt.

Was das Bauen selbst betrifft, ist die Rückkehr zum Niedrigenergiehaus als Standard ein schon etwas länger gehegter Wunsch der Branche. Die Angleichung der Wohnbauförder-Standards an jene der Bauordnungen sei deshalb ein wichtiger Punkt. Passivhäuser sollten nur noch die Ausnahme sein. Die Vorgaben für barrierefreies Bauen sollten flexibler und praxisgerechter gestaltet werden.

Um klare und nachvollziehbare Verhaltensregeln (Compliance) will sich der gemeinnützige Wohnbausektor – nach bestimmten Vorkommnissen und Diskussionen darüber – selbst bemühen. Diese Corporate-Governance-Regelungen sollen nächstes Jahr fertig sein, kündigte Sturm an. Ein besonderes Augenmerk solle auf die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit (Fit & Proper) ihrer Organwalter gelegt werden. Insgesamt solle mit dem Corporate-Governance-Kodex ein präziser sowie transparenter Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung von Wohnungsunternehmen erstellt werden

Arge Eigenheim startet Ausbildungsprogramm

Die ÖVP-nahen Gemeinnützigen hatten in einer am Donnerstag fast gleichzeitig in Salzburg abgehaltenen Pressekonferenz ebenfalls zu aktuellen Themen des Sektors Stellung genommen. Da "die Anforderungen an die gemeinnützigen Wohnbauträger immer komplexer werden, die Aufgabenstellungen zunehmend anspruchsvoller und der Stellenwert von Transparenz und Verantwortung gegenüber den Steuerzahlern höher", kündigte Arge-Bundesobmann Christian Struber ein Aus- und Weiterbildungsprogramm insbesondere für Aufsichtsräte gemeinnütziger Bauvereinigungen an. Der Startschuss für das Programm wird auf den diesjährigen "Tagen des Eigenheims" gegeben, die Freitag und Samstag in der Stadt Salzburg stattfinden.

Die Reduktion der bestehenden Regelwerke im Neubau und die Baulandsicherung für den sozialen Wohnbau stehen ebenfalls auf der Forderungsliste der "schwarzen" Gemeinnützigen, dazu kommen noch die "Abschaffung von Miet-Privilegien" und die generelle Forcierung des Eigentums, die sich die VP-nahen Genossenschaften auf die Fahnen heften. (Martin Putschögl, 8.9.2017)