Von dem am Donnerstag von Kanzler Kern ausgerufenen Baustopp am Ballhausplatz war man bei der Baufirma "überrascht". Die für die Mauerblöcke ausgehobenen Fundamente sind jetzt wohl obsolet.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Was Mauern angeht, legten Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) und Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Donnerstag eine selten zu erlebende Einigkeit an den Tag. Drozda ließ im Gespräch mit dem STANDARD wenige Adjektive aus: Die Idee, das Regierungsviertel mit einer Mauer vor etwaigen Terroranschlägen zu schützen, sei "verrückt, stumpfsinnig, befremdend" und so weiter. Auch Nomen fielen: "Bürokratiegroteske" und "Kulturlosigkeit" etwa.

Sobotka wiederum ließ wissen, dass im Sicherheitskonzept des Innenministeriums nie die Rede von einer Mauer gewesen sei, diese sei auf Wunsch des Bundeskanzleramts geplant worden.

In letzterem Punkt war man sich naturgemäß weniger einig. Drozda nämlich erzählte es so: Man habe einer Gehsteigverbreiterung und neuen Pflasterung am Ballhausplatz zugestimmt (wie auch vom Bezirk wegen des sanierungsbedürftigen Straßenbelags gewünscht, Anm.). Dass eine Mauer entstehen solle, habe man erst über Medienberichte erfahren. Als die "volle Dimension" bekannt wurde – geplant waren fünf Blöcke mit je rund acht Metern Länge und 80 Zentimetern Höhe –, habe Kanzler Christian Kern (SPÖ) den Baustopp erwirkt – also am Donnerstag.

Vor wenigen Tagen besuchte der Kanzler die Bauarbeiter am Ballhausplatz noch. Damals sei ihm die "volle Dimension" der Arbeiten nicht bewusst gewesen.
Bundeskanzleramt Oesterreich

"Relevante Akteure nicht eingebunden"

Die mit den Arbeiten beauftragte Firma Porr war "überrascht", es ergebe sich aber "kein wirtschaftlicher Nachteil", schrieb eine Sprecherin dem STANDARD. Aus der Präsidentschaftskanzlei hieß es nur, man sei darüber informiert worden, dass der Stopp für den gesamten Ballhausplatz gelte.

Wie die Idee überhaupt zustande kam? Laut Drozda sei keiner der "relevanten politischen Akteure" eingebunden gewesen: Eigentlich hätte aber "Sobotka den Kanzler persönlich informieren müssen".

Bei einem STANDARD-Lokalaugenschein vor wenigen Tagen zeigten Passanten wenig Verständnis für den Mauerbau.
DER STANDARD

Der Kanzleramtsminister will nun, dass Innen- und Wirtschaftsministerium mit Raumplanern eine "architektonisch adäquate Lösung" finden – bis Ende Oktober. Dann sei über die weitere Vorgehensweise zu entscheiden. Das Sicherheitskonzept solle sich jedenfalls nicht auf das Regierungsviertel beschränken, sondern auf "kritische Plätze" ausgeweitet werden.

Die Sanierung des Straßenbelags auf dem Ballhausplatz geht im Übrigen weiter. (Christa Minkin, 7.9.2017)